Architektur
Hermann Julius Siegrist
Architekt, 1894–1978
Der Architekt Hermann Julius Siegrist war ein Vertreter des «Neuen Bauens». Sein Hauptwerk war die 1932 realisierte Siedlung Leimenegg, die ihn über Winterthur hinaus bekannt machte. 1939 baute er die Arbeitersiedlung Schooren.
Geburtsort
Winterthur
Geboren
08.05.1894
Gestorben
17.09.1978
um 1960: Hermann Siegrist 1894-1975, Architekt, vor seinem Haus an der Leimeneggstrasse Foto: winbib (Signatur 172611)
Hermann Julius Siegrist kam 1894 als Sohn des Architekten Hermann Siegrist-Allweyer zur Welt. Schon bald sollte er in die Fusstapfen seines Vaters treten, der in Winterthur ein bekanntes Architekturbüro betrieb. Von 1914 bis 1918 besuchte Hermannn Siegrist das Technikum und war dort Schüler von Robert Rittmeyer. Anschliessend studierte er an der ETH in Zürich bei Karl Moser. Von 1921 bis 1923 bereiste Siegrist Italien, Frankreich und auch Litauen, wo er in der Stadt Kaunas beim Wiederaufbau mithalf und mit dem Architekten Adolf Kellermüller in Kontakt kam. Ebenfalls lernte er in Litauen seine spätere Ehefrau Tamara Solnzeva kennen. Danach bereiste er Finnland, die Tschechoslowakei und Deutschland, ehe er nach Winterthur zurückkehrte.
Zurück in der Eulachstadt führte er von 1926 bis 1933 gemeinsam mit Hannibal Naef ein Architekturbüro.
Schlecht entlohnter Pioniergeist
Hermann Siegrist orentierte sich an den Ideen des Bauhauses und war ein frühes Mitglied des Werkbundes. 1927 besuchte er die Weissenhofsiedlung in Stuttgart, die sein eigenes Schaffen prägen sollte. 1930 realisierte er ein Holzhaus in Neftenbach und baute das «Hasler-Haus» an der Markgasse 40 um. Zu seinem Hauptwerk wurde die 1932 fertiggestellte Siedlung Leimeneggstrasse. Die konsequent mit Sichtbeton umgesetzten, weiss gestrichenen Flachdachhäuser mit Dachterrasse und Bandfenstern waren damals eine architektonische Sensation in Winterthur und sorgten weit über die Eulachstadt hinweg für Aufsehen. Hermann Siegrist hatte radikal mit der etablierten Bautradition gebrochen, die in Winterthur unter anderem vor allem durch die Bauten seines einstigen Lehrers Robert Rittmeyer repräsentiert war. Dafür erntete er nicht nur Bewunderung und Anerkennung, sondern auch heftige Ablehnung und Kritik. Bis heute zählt die Siedlung an der Leimeneggstrasse zu den bedeutendsten Repräsentanten des Neuen Bauens in der Schweiz.
Der Pioniereifer von Hermann Siegrist hatte allerdings seinen Preis. Unter den Schweizer Architekten gehörte er zu einer kleinen Gruppe von avantgardistischen Aussenseitern und auch finanziell zahlte sich sein Mut nicht aus. Für die Realisierung der Arbeitersiedlung Hegmatten – seines zweiten wichtigen Werks – setzte er sich 1939 intensiv mit dem Bauen für das Existenzminimum auseinander. Er konnte aber damit nicht mehr an seinen früheren Erfolg anschliessen.
Unterbruch während dem Zweiten Weltkrieg
Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bedeutete eine Zäsur in Hermann Siegrists Leben. Er leistete Aktivdienst und brachte es bis zum Rang eines Oberst bei den Genietruppen. Ab 1946 konnte er sich wieder der Architektur widmen, dabei beschränkte er sich auf den Bau von Einfamilienhäusern, die jedoch im Vergleich zu seinem Hauptwerk ohne grössere Bedeutung blieben.
Hermann Siegrist war ein begeisterter Bergsteiger. Diese Leidenschaft wurde ihm zum Verhängnis: Am 17. September 1975 verunfallte er auf einer Bergtour tödlich.
Benutzte und weiterführende Literatur
Rüegg, Arthur: Leben mit der Moderne, in: Tec 21, 140 (2014) Heft 37: Ikonisierte Moderne, S. 30–32.
Medici-Mall, Katharina: Siegrist, Hermann Julius, in: Rucki/Huber (Hg.): Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel/Boston/Berlin 1998, S. 497.
Brossard, Gilbert/Oederlin, Daniel: Architekturführer Winterthur. 1925–1997, Bd. 2, Zürich 1997, S. 257.
- Autor/In:
- Nadia Pettannice
- Letzte
- Bearbeitung:
- 08.11.2022