Anlässe, Brauchtum und Feste

Frackwoche und Frackumzug

Traditioneller Anlass

Seit 1925 organisieren die Absolvent:innen des ehemaligen Technikums und der heutigen Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) neben der traditionellen Frackwoche auch den Frackumzug (ehemals Techumzug).


Gründungsdatum
1925


Frackumzug der Diplomanden des Technikums 1947
Foto: winbib (Signatur 150552)

Eine Winterthurer Tradition

Die Tradition der Frackwoche geht ins Jahr 1925 zurück. Damals traten die Schüler gleich nach der Sekundarstufe ins Technikum ein und beendeten ihr Studium in der Regel im Alter von 19 Jahren. Nach Abschluss ihrer Diplomarbeiten zeigten sich die Absolventen in der Öffentlichkeit während einer Woche mit Bart, Frackröcken, Stock und Zylinder und signalisierten damit nicht nur, dass sie ihre Ausbildung abgeschlossen hatten, sondern auch, dass sie nun zur Welt der Erwachsenen gehörten.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Tradition der Frackwoche und des Techumzugs unterbrochen und erst nach dem Krieg wiederaufgenommen. Ab dann spielte der Spassfaktor eine immer wichtigere Rolle. So verpflichteten sich die Studierenden der Abschlussklassen beispielsweise mit einem sogenannten Bartvertrag, ihre Barthaare während 100 Tagen nicht zu rasieren. Seit mit der Gründung der ZHAW 2007 das Schuljahr im Mai endet, ist die letzte Rasur Ende März angesagt. Diese wird traditionellerweise am Fischermädchen-Brunnen in der Steinberggasse durchgeführt. Ab dann spriessen die Bärte 100 Tage lang und werden während der Frackwoche im Mai und am Frackumzug im Juli der Öffentlichkeit präsentiert. Erst nach dem Frackumzug dürfen die Bärte in einer Art «Bartab»-Zeremonie wieder abrasiert werden. 

Selbstgebaute Fahrzeuge ab den 1950er-Jahren

In den 1950er-Jahren kam bei den Absolvent:innen des Lehrgangs Maschinenbau die Idee auf, am traditionellen Frackumzug mit selbstgebauten Fahrzeugen in der Altstadt aufzufahren und damit auf sich aufmerksam zu machen. Dieses Vorhaben löste nicht bei allen Begeisterung aus. Mit ihren verkehrsuntauglichen Autos gerieten die Techabgänger:innen nämlich mit der Polizei in Konflikt. Der damalige Direktor des Technikums, Louis Locher (19061962), meinte laut einem Zeitzeugen, dass man damit aufhören sollte. Stadtpräsident Hans Rüegg war aber anderer Meinung und betonte anlässlich der Diplomandenversammlung 1960, dass die Stadt Freude an den Aktivitäten der Diplomand:innen habe und schlug vor, das unkoordinierte Herumfahren durch die Altstadt in einen geordneten Umzug zu überführen. Er bot an, das Umzugsgebiet abzusperren und während des Umzugs für die Verkehrssicherheit zu sorgen. Im Frühling konnte das Vorhaben unter den neuen Voraussetzungen erstmals umgesetzt werden. Der Rundgang führte von der Obergasse in die Steinberggasse, zum Neumarkt und dann über die Marktgasse wieder zurück zum Graben. Der Techumzug war mit seinen zum Teil äusserst spektakulären Gefährten und den hunderten Mitmarschierenden, zum Teil auch ehemaligen Studierenden, von Beginn an ein Publikumsrenner.

In den bald hundert Jahren seines Bestehens hat der Brauch einige Änderungen erfahren. In den 1950er-Jahren verbarrikadierten die Schüler:innen der unteren Semester während der Frackwoche jeweils noch die Klassenzimmer, so dass ein geregelter Unterricht verunmöglicht wurde. Heute finden in der Frackwoche in erster Linie Festivitäten statt. Im Gebäude und in Festzelten auf dem Platz vor dem Technikum werden Partys gefeiert.

Die Frackwochen vor dem Aus?

Bei der Gründung der ZHAW 2007 war das Weiterbestehen der Frackwoche eine Zeit lang in Frage gestellt. Grund dafür war die Einführung des einheitlichen Bologna-Systems und die damit verbundene Umstrukturierung der Studiengänge. Seitdem endet das Schuljahr an der Fachhochschule im Mai anstatt wie bis anhin im Oktober. Die damalige Schulleitung war nicht gewillt, die populäre Schultradition einfach in den Frühling vorzuverlegen, da das ohnehin verkürzte Schuljahr keine de facto unterrichtsfreie Woche erlaube. Andererseits machte die Durchführung des Frackumzugs ein halbes Jahr nach Schulschluss auch keinen Sinn. Schliesslich wurde ein Kompromiss gefunden. Unter anderem wurde die Frackwoche auf drei Tage verkürzt und die «Barrikaden» bzw. die Blockierung des Unterrichts für die unteren Semester auf die erste Morgenlektion beschränkt.

Der beliebte Tech- bzw. heutige Frackumzug findet seither im Frühsommer kurz nach Semesterschluss statt. Die Männer präsentieren sich nach wie vor im traditionellen Frack mit Zylinder und Vollbart. Die Absolventinnen der Abschlussklassen nehmen seit einigen Jahren in Biedermeierkostümen am Frackumzug teil. In den 1960er-Jahren trugen die Handelsschülerinnen, die damals bereits am Umzug teilnahmen, den Männern gleich frackartige Umhänge mit Zylinder.

Am gleichen Tag wie der Umzug findet dann auch die «Nacht der Technik» statt. Bei letzterer eine Art «Nacht der offenen Tür» handelt es sich um eine erst vor einigen Jahren eingeführte Veranstaltung, bei der die Fachhochschule der Öffentlichkeit Einblick in ihr Wirken gewährt und die Abschlussarbeiten der Absolvent*innen gezeigt werden.

 

Historisches Filmmaterial

Schweizer Radio und Fersehen (SRF): Diplomandenumzug Winterthur, Sendung Antenne vom 23.03.1964, zVg. via Play SRF

Benutzte und weiterführende Literatur

Allotria nach Examensschluss, in: Schweizer Illustrierte, 18. April, 1960.
Frackumzug und Rasur am Freitag, in: Landbote, 5.7.2012.
Im Gehrock durch die Altstadt, in: Landbote, 10.10.1984.

Bibliografie

    Techumzug / Frackumzug Winterthur. Umzug

    • Einträge ab 2011

      Stutz, Georg: Frackumzug ist dann, wenn es faucht, knallt und raucht. In: 84XO - Die neue Wochenzeitung, 36 (2022). S. 14. m.Abb.
      Felix, Christian: Tag und Nacht der Technik. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 28 (2022). S. 7. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Der letzte? Stadtanzeiger 2005/47 m.Abb.
      Letzte Frack-Woche: Landbote 2008/257 m.Abb.
      Frackwoche und Umzug. Verschiebung: Landbote 2009/101.
      Nacht der Technik: Landbote 2009/139,141 m.Abb.
      Frackwoche: Stadtanzeiger 2010/21 1Abb.
      Frack-Umzug. In Weiss: Landbote 2010/137 1Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
13.07.2024