Burgen, Schlösser und Stadtbefestigung

Unterer Bogen

Marktgasse

Der Untere Bogen war Teil der ursprünglichen Stadtbefestigung. Bis zum Bau des Untertors diente er als westliches Stadttor und lag an der Hauptverkehrsachse von Zürich über Winterthur bis zum Bodensee. Im Jahr 1529 brachte man auf dem Unteren Bogen einen Turm mit einer Uhr des bekannten Winterthurer Uhrenmachers Laurenzius Lichti an. 1871 riss man den Unteren Bogen im Rahmen verschiedener Modernisierungen ab.


Baujahr
12. Jahrhundert

Abbruch
1871


Adresse

Blick von der Marktgasse in Richtung Unterer Bogen und Untetor um 1850. 
Foto: winbib, Emanuel Labhart (Signatur 022183_O)

Das ursprüngliche Westtor

Der Untere Bogen wurde im 12. Jahrhundert als Teil der ursprünglichen Befestigungsanlage im Westen der Stadt gebaut. Vor der Befestigung der Vorstädte und bis zum Bau des Obertors 1340 war er nicht nur das Haupttor in Richtung Westen, sondern auch die eigentliche Eintrittspforte für den Verkehr, der auf der Hauptverkehrsachse von Zürich in Richtung Bodensee floss. Neben dem  Unteren Bogen gab es den Oberen Bogen im Osten, das Steigtor im Süden und das Schmidtor im Norden. Die vier Tore verbanden die Stadt, die im 12. Jahrhundert den quadratischen Raum zwischen Neumarkt, Technikumsstrasse, Unteren Graben und Stadthausstrasse umfasste, mit der Aussenwelt. Der Obere und der Untere Bogen lagen im 12. Jahrhundert an den Stadtgräben. Deshalb wurden sie auch Tore am Graben oder Grabentore genannt. Die Stadt wuchs im Laufe der Zeit im Osten und Westen vor den Stadttoren weiter. Vor dem Unteren Bogen entstanden spätestens ab dem 13. Jahrhundert entlang der heutigen Untertorgasse Häuser. Einträge in einem Habsburger Urbar aus den Anfängen des 14. Jahrhunderts geben zudem Hinweise darauf, dass die Untere Vorstadt bäuerlich ausgerichtet war und dass das Untertorquartier am Ende des 13. Jahrhunderts mit einem Graben befestigt war. Nach dem Bau des Untertors 1340 lag der Untere Bogen dann innerhalb der Stadtmauern und wurde in seiner Funktion als Stadttor durch das Untertor ersetzt.  

Der Käfigturm

Der Untere Bogen hiess früher Untertor und Grabentor. Ab 1529 nannte man ihn auch «Kefithor». In den Rechtsquellen gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass sich damals ein Gefängnis im Unteren Bogen befand. Für die Jahre 1791 und 1814 gibt es Hinweise auf ein oder zwei Blockgefängnisse, die im Dachboden untergebracht waren.

Der Zeitglockenturm

Der Winterthurer Chronist Laurentius Bosshard berichtet in seiner Chronik, wie die Winterthurer im Jahr 1529 einen Glockenturm am Unteren Bogen errichteten. Dabei verwendeten sie die Glocken, die zuvor im Unteren Spital gehangen hatten. An den Turm brachte der bekannte Winterthurer Uhrenmacher Laurenzius Liechti eine teure, kunstvoll gestaltete astronomische Uhr an. Von da an wurde der Untere Bogen auch als Zeitbogen oder Zeitglockenturm bezeichnet. Die astronomische Uhr bestand aus zwei übereinanderstehenden Uhren auf der Ostseite des Tors, während die Süd-, West- und Nordseite mit Holz verkleidet war. Die untere Uhr zeigte den Mondwechsel und die Stellung der Erde im Sonnensystem. Die obere Uhr mit blauem Zifferblatt gab die Stunden und Minuten an und wurde 1669 oben und unten mit ornamentalem Schmuck verziert. An den Ecken des Turms, der 2 Meter breit, 1,6 Meter hoch und 1,36 Meter lang war, waren ornamentale Schnecken angebracht. Der Mechanismus der Uhr wies drei Räder auf und lief auf einem Spindelgang. Im Jahr 1746 wurde der Glockenturm neu gedeckt. Als der Turm 1814 erneut einer Renovation bedurfte, kam erstmals der Gedanke auf, den Unteren Bogen abzureissen. Der Stadtrat wies dieses Begehren jedoch ab und betonte, dass viele Bürger:innen die am Unteren Bogen angebrachte Zeituhr sehr schätzen würden. In der Folge wurde nur der Dachstuhl erneuert und das Gefängnis entfernt.

Beseitigung des Unteren Bogens

1832 forderten 31 Winterthurer Bürger:innen erneut den Abbruch des Unteren Bogens, da er den Verkehr behinderte. Der Stadtrat lehnte das Begehren ab. Unter dem Einfluss progressiv-liberaler Kräfte beschloss die Gemeinde drei Jahre später, 1835, die Gräben zuzuschütten und die Tore, mit Ausnahme der Tore und Bögen der Hauptgasse, abzureissen. Das Ziel war es, die Verbindung zu den Häusern durch Trottoirs und Strassen zu verbessern. Neue Promenaden sollten angelegt und der Ausbau der Stadt vorangetrieben werden. 1864 beschloss die Gemeinde den Abbruch des Obertors. Bald meldete sich auch die Anwohnerschaft des «Goldenen Winkels», die sich in nächster Nähe zum Unteren Bogen befand. Sie wollten für den Verkehr mehr Raum schaffen und eigene Baupläne verfolgen. Der Untere Bogen stand ihnen dabei im Weg. 1870 folgte der Entscheid zum Abbruch des Unteren Bogens. Neben Jakob Forrer lehnte sich auch Stadtbaumeister Wilhelm Friedrich Carl Bareiss (1819-1885) dagegen auf. 1871 wurde der Untere Bogen zusammen mit dem Oberen Bogen abgerissen.


Benutzte und weiterführende Literatur

Dejung, Emanuel; Zürcher Richard, Hans Hoffmann: Die Stadt Winterthur und die Stadt Zürich. Kunstgeschichtliche Zusammenfassung. Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Band 6, Basel, 1952.
Gut, Franz: Die Übeltat und ihre Wahrheit. Straftäter und Strafverfolgung vom Spätmittelalter bis zur neusten Zeit – ein Beitrag zur Winterthurer Rechtsgeschichte. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Band 326 (1996). Chronos, Zürich, 1995. 
Isler, A.: Die Festung Winterthur und ihre Schleifung. 254. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Winterthur, 1920.
Moos von, Paul: Mein Winterthur: heimatkundliches Lesebüchlein. Winterthur, 1950. 
Sulzer, Peter: Tore, Türme, Bögen im alten Winterthur. Verschwundene Zeugen der Vergangenheit. Mit einer Einleitung und Bildlegenden von Peter Sulzer. Gemsberg, Winterthur, 1985.

Bibliografie

    Unterer Bogen, Käfigtor, Zeitglockenturm

    • Einträge ab 2011

      Widmer, Urs: Unterer Bogen (Käfigtor, Zeitglockenturm). In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke, Häuser und Villen St-Z. 2 S.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
09.10.2024