Burgen, Schlösser und Stadtbefestigung

Schmidtor

1340–1836

Das Schmidtor, das an der nördlichen Stadtmauer liegt, wird urkundlich erstmals 1311 erwähnt. 1340 baute man es gleichzeitig mit dem Ober- und Untertor aus. Der neue Wehr- und Wachturm fiel durch seine ausserordentliche Höhe auf. 1699 stürzte das Schmidtor ohne äussere Einwirkungen ein. Kurze Zeit später baute man es wieder auf. Auf Beschluss der Gemeindeversammlung brach man das Schmidtor 1837 ab.


Baujahr
1340

Abbruch
1837


Das Schmidtor im Norden der Stadt, 1867.
Foto: winbib, Jakob Ziegler-Sulzberger (Signatur 024980_O)

Turm mit ausserordentlicher Höhe

Erstmals wird das an der nördlichen Stadtmauer gelegene Schmidtor 1311 in einer Urkunde erwähnt. Es war Teil der ältesten Stadtbefestigung. 1340 wird es im Zuge der Befestigung der Vorstädte zusammen mit dem Untertor und dem Obertor zum Wehr- und Wachturm ausgebaut. Das Schmidtor hatte fortan den grössten Turm der Stadt. Sein hölzerner Oberbau ragte über die Stadtmauer und den Stadtgraben hinaus. Die ausserordentliche Höhe des Turms ist in der Stadtansicht von 1642 von Matthäus Merian (1593-1650) gut sichtbar. Auf diesem Bild zeigt sich das Schmidtor als hoher Festungsturm mit zwei Erkern. 1607 erteilte der Rat Hans Steinmetz den Auftrag, zwei innere Bögen zu bauen. Das Schmidtor (heute: Ecke Stadthausstrasse / Schmidgasse) war damals der Zugang zum Weinland, nach Schaffhausen und ins Untere Tösstal.

Einsturz und Wiederaufbau des Turms

Ausser ein paar Hühnern kam von den Anwohnenden sonst niemand zu Schaden. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Turm auch einige Gefängniskammern, die an diesem Tag jedoch leer waren. Noch im selben Jahr beschlossen die Verantwortlichen den Wiederaufbau des Turms und nahmen diesen unter der Leitung von Rudolf Sulzer «Zur Krone» in Angriff. Der Bau des neuen Schmidtors kostete 1'100 Gulden. Im Oktober 1700 war der massive rechteckige vierstöckige Turmbau aus Quadersteinen fertiggestellt. Allerdings wurde der Turm dieses Mal etwas niedriger gebaut als sein Vorgänger. Als Grund für den Einsturz wurden neben verfaultem Holz auch die hohe Turmhöhe verantwortlich gemacht. Die einzelnen Stockwerke des neuen Turms waren durch einfache Gurtgesimse abgetrennt. Regelmässig verteilte, nach oben zunehmende Schiessscharten durchbrachen seine Mauern. Den Abschluss des Turms bildete ein verhältnismässig steiles Walmdach. 1719 wurde der Turm auf seiner Vorderseite mit dem österreichischen Doppeladler bemalt. Um die Franzosen nicht zu verärgern, wurde dieser 1798 übertüncht. 1782 brachte man den städtischen Pulvervorrat im Schmidtor unter. Ab 1789 verband eine steinerne Brücke die Stadt mit dem Vorgelände.

Eichene Gefängniszellen

 Meister Conrad Goldschmid baute nach der Fertigstellung des Schmidtors im Jahr 1700 vier Gefängniszellen aus Eichenholz in Blockbauweise in den Turm ein. Laut Troll hatten die straffälligen Bürger eine Vorliebe für das Gefängnis im Schmidtor. So wollte zum Beispiel 1755 der Gerichtsschreiber Sulzer seine Strafe ausdrücklich im Schmidtor verbüssen. In den Gefängniszellen im Schmidtor wurden hauptsächlich bürgerliche Straftäter untergebracht, darunter viele Ehebrecher. Schwerverbrecher hingegen wurden vorwiegend im Holdertor eingesperrt. 1799 existierten im Schmidttor noch zwei sogenannte «Blochgefangenschaften».

Abbruch des Schmidtors

Im Zuge der Gleichstellung von Stadt und Land, eine Folge der Französischen Revolution und der napoleonischen Besetzung, begannen in Winterthur progressive und liberale Kräfte, die Modernisierung der Stadt voranzutreiben und Handelsschranken abzubauen. Sie wollten sich nicht mehr durch die mittelalterliche Stadtbefestigung einschränken lassen. Tore und Türme stellten für sie lediglich ein kostspieliges Hindernis für Handel und Verkehr dar. Unter ihrem Einfluss beschloss die Gemeindeversammlung am 19. Mai 1935, die noch vorhandenen Gräben aufzuheben und das Schmidtor, das Steigtor, das Holdertor, das Nägelitürli und den Judasturm. Mit dem Abbruch sollte nicht nur die Verbindung zwischen Stadt und Land vereinfacht, sondern auch rund um die Stadt der Bau neuer Promenaden, Strassen und Trottoirs ermöglicht werden. 1837 wurde das Schmidtor abgebrochen.


Benutzte und weiterführende Literatur

Dejung, Emanuel; Zürcher Richard, Hans Hoffmann: Die Stadt Winterthur und die Stadt Zürich. Kunstgeschichtliche Zusammenfassung. Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Band 6, Basel, 1952.
Gut, Franz: Die Übeltat und ihre Wahrheit. Straftäter und Strafverfolgung vom Spätmittelalter bis zur neusten Zeit – ein Beitrag zur Winterthurer Rechtsgeschichte. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Band 326 (1996). Chronos, Zürich, 1995. 
Isler, A.: Die Festung Winterthur und ihre Schleifung. 254. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Winterthur, 1920.
Moos von, Paul: Mein Winterthur: heimatkundliches Lesebüchlein. Winterthur, 1950. 
Sulzer, Peter: Tore, Türme, Bögen im alten Winterthur. Verschwundene Zeugen der Vergangenheit. Mit einer Einleitung und Bildlegenden von Peter Sulzer. Gemsberg, Winterthur, 1985.

Bibliografie


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
18.09.2024