Burgen, Schlösser und Stadtbefestigung

Nägelitor (Nägelitürli)

Stadtbefestigung

Am nördlichen Grabenausgang befand sich das Nägelitor. Es wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Zuge der Befestigung der Vorstädte erbaut und war für den lokalen Fussverkehr der direkte Zugang zum Schützenhaus, zu den Gärten vor der Stadt und zu den Weinreben am Lindberg. 1836 wurde es auf Begehren der liberalen Gewerbetreibenden und Industriellen abgetragen.


Baujahr
14. Jahrhundert

Abbruch
1836


Adresse

Das Nägelitürli mit Schützenhaus rechts im Bild und Schützenstand links im Bild,1867
Foto: winbib, Jakob Ziegler-Sulzberger (Signatur 024790_O)

Das Gegenstück zum Holdertor

Bis ins 14. Jahrhundert bildete das Obere Tor am Graben (später: Oberer Bogen) und der östliche Graben den Abschluss der Stadt im Osten. Mit der Befestigung der Vorstädte wurde der östliche Graben in die Stadt integriert und es entstanden entlang des heutigen Oberen und Unteren Grabens am südlichen und nördlichen Ende zwei neue Stadttore. Im Süden wurde das Holdertor als Abschluss des Grabens gebaut, während das Nägelitor den Graben nach Norden hin abschloss. Das Nägelitor, das 1405 das kleinste Tor der Stadt war, war im Osten an den Nägeliturm angebaut und zeichnete sich durch seine stark hervorspringende Festung, die über die Stadtmauer hinausragte, aus. Es erleichterte den Bewohner und Bewohnerinnen, die zu Fuss unterwegs waren, den Zugang zum Schützenhaus und zu den Gärten vor den Stadtmauern. Auch war es wichtig für die bessere Verteidigung der nördlichen Ringmauer. 

Brennöfen im Festungswerk

Die militärische Bedeutung der Befestigungsanlage nahm ab dem 16. Jahrhundert immer mehr ab. In der Folge schüttete man zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert die Gräben rund um die Stadt schrittweise zu und nutzte sie um. So zogen 1784 und 1796 zwei Ofenbauer mit ihren Brennöfen ins Festungswerk, nachdem der Rat die Ausübung feuergefährlicher Gewerbe im Stadtinnern verboten und die Handwerker angewiesen hatte ihre Arbeit vor den Toren der Stadt zu verrichten.

Der Namensgeber

Das Nägelitor wurde nach der wohlhabenden Winterthurer Familie Nägeli benannt. Diese soll sich gegenüber Stadt und Kirche stets sehr grosszügig gezeigt haben. Rudolf Nägeli war von 1330 - 1336 Schultheis von Winterthur. Das Nägelitörli mit hervorspringender Bastion soll sein Sohn Egbrecht Nägeli erbaut haben.

Umnutzung zum Gefängnis

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts nutzte die Stadt den Turm neben dem Nägelitor als Gefängnis. Sie liess im ersten und zweiten Stock vier Gefängniszellen errichten. Eine weitere Gefängniszelle, die als Verhörort diente, wurde 1808 im Erdgeschoss eingebaut. Der Nägeliturm ersetzte zusammen mit dem Holdertor das Gefängis im Unteren Spital.  

Abbruch des Nägelitors

Im Zuge der Gleichstellung von Stadt und Land - eine Folge der französischen Revolution und der napoleonischen Besetzung - begannen in Winterthur progressiv liberale Kräfte die Modernisierung der Stadt voranzutreiben und Handelsschranken abzubauen. Für sie stellten die Tore in erster Linie ein Hemmnis des Verkehrs und damit auch des Handels dar. Unter ihrer Einwirkung fasste die Bürgergemeinde am 19. Mai 1835 den Entschluss alle noch bestehenden Gräben zuzuschütten und alle Tore mit Ausnahme der Tore und Bögen der Hauptgasse abzureissen. Damit sollte die Verbindung zwischen Stadt und Land erleichtert werden. Rund um die Stadt sollten neue Promenaden, Strassen und Trottoirs angelegt und die Stadt ausgebaut werden. Das Nägelitor gehörte zu den ersten Toren die abgerissen wurden. Tor und Turm wurden von Oktober bis November 1836 zeitglich mit dem vor dem Tor liegenden Schützenhaus abgebrochen, derweil das östliche an den Wehrturm angebaute Kornmagazin noch bis 1857 bestehen blieb.


Benutzte und weiterführende Literatur

Dejung, Emanuel; Zürcher Richard, Hans Hoffmann: Die Stadt Winterthur und die Stadt Zürich. Kunstgeschichtliche Zusammenfassung. Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Band 6, Basel,1952.
Isler, A.: Die Festung Winterthur und ihre Schleifung. 254. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Winterthur, 1920.
Moos von, Paul: Mein Winterthur: heimatkundliches Lesebüchlein. Winterthur, 1950. 
Sulzer, Peter: Tore, Türme, Bögen im alten Winterthur. Verschwundene Zeugen der Vergangenheit. Mit einer Einleitung und Bildlegenden von Peter Sulzer. Gemsberg, Winterthur, 1985.
Windler, Renata: «Vitudurum» und «Winterture» - von den Anfängen bis zur Stadt um 1300. In: Winterthurer Stadtgeschichte. Von den Anfängen bis 1850. Zwischen Rot und Blau – Habsburg – Zürich oder Autonomie. Bd. 1. Chronos, 2014. 

Bibliografie

    Nägelitürli. Schützenhaus

    • Einträge ab 2011

      Widmer, Urs: Nägelitürli mit Schützenhaus. Tafel 24. In: Dokumentation Urs Widmer. Bauwerke und Häuser A-Sch. 1 S.
      Moeschlin, Kathrin: Vom Schützenhaus zum Kindergarten. In: Winterthurer Jahrbuch, 2023. S. 102-105. m.Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
10.03.2023