Bildung und Soziales

Johannes Beugger-Oehninger

Fabrikant, Spinnereibesitzer, 1778–1852

Johannes Beugger war ein Spinnereibesitzer in Wülflingen. Als Sohn eines Schlossers machte er eine Ausbildung im väterlichen Betrieb und arbeitete nach seinen Wanderjahren ab 1805 als leitender Mechaniker in der Spinnerei «Im Hard» in Wülflingen. 1818 gründete er in der Nähe seine eigene Spinnereifabrik. Diese bestand unter der Leitung seines Sohnes bis 1870; heute ist darin die Integrierte Psychiatrie Winterthur (ipw) eingerichtet.


Geburtsort
Wetzikon

Geboren
25.12.1778

Gestorben
04.08.1852


Johannes Beugger-Oehninger um 1850.
Foto: winbib (Signatur 170167)

Kindheit und Ausbildung

Johannes Beugger wurde am Weihnachtstag 1778 als Sohn eines Schlossers und Schmieds in Izikon bei Grüningen im Zürcher Oberland geboren. Schon früh zeigte er grosses Interesse an Mechanik und fertigte bereits im Alter von 14 Jahren erste Konstruktionszeichnungen an. Wie damals üblich, folgte er den Fussstapfen seines Vaters und liess sich im familieneigenen Betrieb zum Schmied und Schlosser ausbilden. Nachdem er 1796 den Gesellenbrief erhalten hatte, ging er auf die Walz. Während seiner Wanderjahre machte er Halt in Augsburg, Dresden, Prag und Berlin. Danach reiste er nach England. Dort kam er mit den damals revolutionären Spinnereimaschinen in Berührung und erwarb umfangreiche Kenntnisse im Spinnmaschinenbau. Inspiriert reiste er zurück nach Grüningen und eröffnete dort eine mechanische Werkstatt.

Vom Werkstattleiter zum selbstständigen Fabrikanten

Seine mechanischen Kenntnisse waren bald in der ganzen Schweiz gefragt, wo die Mechanisierung der Textilproduktion rasch einsetzte. So eröffnete 1802 eine mechanische Baumwollspinnerei im Hard bei Wülflingen. Es war die erste Spinnereifabrik auf dem europäischen Festland. Den Bau der Maschinen und die technischen Verbesserungen erfolgten in der eigenen Werkstatt durch. Während es in Wülflingen viele Menschen gab, die sich mit dem Baumwollspinnen auskannten, waren fachkundige Mechaniker noch selten.  1805 holten die Inhaber Johannes Beugger als Werkstattleiter nach Wülflingen.

Die wirtschaftliche Lage war günstig und Johannes Beugger erarbeitete sich ein stattliches Vermögen. 1807 heiratete er Elisabetha Oehninger von Elgg und liess sich in der Hard nieder. Schnell lebte er sich in Wülflingen ein und knüpfte Kontakte zu den einflussreichen Persönlichkeiten. Bald reifte der Gedanke, sich selbstständig zu machen.

Der steinige Weg zur eigenen Spinnereifabrik

Zusammen mit dem Zimmermeister Jakob Bosshard stellte Johannes Beugger am 26. September 1816 das Gesuch, ein Wasserwerk zum Antrieb einer mechanischen Baumwollspinnerei an der Töss zu errichten. Die Bauten sollten am Ausfluss der Eulach in die Töss, also etwa 500 Meter oberhalb der bestehenden Spinnerei entstehen. Dieses Vorhaben gefiel insbesondere seinem Arbeitgeber nicht. Die Hard-Direktion fühlte sich von ihrem Mitarbeitenden hintergangen, der durch ihre Grosszügigkeit immerhin 66 000 Gulden erworben und mit seiner Familie auf ihrem Grundstück gelebt hatte.

Auch die Gemeinde Wülflingen zeigte eine ablehnende Haltung gegenüber den Fabrikplänen. Sie machte unter anderem geltend, dass das Land nur zum Wässern der Wiesen zwecks Erhöhung der Futterproduktion für die Viehzucht verwendet werden dürfe. Nach langem Hin und Her wurde das Gesuch am 30. Juni 1817 abgelehnt. Beugger liess sich von diesem Rückschlag nicht entmutigen. Noch im gleichen Jahr erwarb er das Bürgerrecht in Wülflingen und machte sich innerhalb der Gemeinde für sein Anliegen stark. Um die Gegenargumente zu entkräften, versetzte er den Standort seiner zukünftigen Fabrik und plante sie nun in der Nähe der Bodmer-Mühle (Wespimühle).

Mit dem Mühlebesitzer Bodmer schloss Beugger ein Abkommen, das ihm die Nutzung des überschüssigen Wassers aus dem Mühlekanal erlaubte. Dieses sollte durch einen unterirdischen Kanal abgezweigt und zur neuen Spinnerei geleitet werden. Erneut richtete Beugger ein Gesuch an die Regierung. Abermals protestierte der Gemeinderat von Wülflingen und wandte sich direkt an den Zürcher Regierungsrat. In der Einsprache kommt zum Ausdruck, dass der bäuerlich geprägte Gemeinderat eine prinzipielle Abneigung gegenüber Fabriken und ihren Arbeitenden empfand. Er befürchtete durch den Zuzug weiterer Arbeiter:innen eine Verarmung, steigende Kriminalität und Unsittlichkeit in der Gemeinde. 

Ein archäologischer Schatz landet im Schmelzofen

Nach langen Verhandlungen einigten sich die beiden Parteien schliesslich doch noch, und Beugger konnte seinen Kanal und seine Fabrik unter Einhaltung verschiedener Auflagen doch noch realisieren. Der Bau des Kanals begann im Frühjahr 1818, zeitgleich mit den Aushubarbeiten für das Spinnereigebäude. Dabei stiessen die Arbeiter auf die Überreste einer früheren Erzgiesserei und Waffenschmiede. Es kamen kiloweise Eisen- und Bronzewaren zum Vorschein, die jedoch nicht im Landesmuseum landeten, sondern von Beugger aufgekauft und dem Schmelzofen zugeführt wurden.

Beugger als Unternehmer

1819 war der neue Wasserkanal fertiggestellt, und nur ein Jahr später konnte auch die Fabrik ihren Betrieb aufnehmen. Diese wurde zwischen 1824 und 1826 durch den Anbau von Seitenflügeln erweitert und erhielt dadurch den schlossartigen Charakter, der das Gebäude auch heute noch prägt. Die Fabrik blieb allerdings umstritten, und Beugger sah sich in den kommenden Jahren stetigen Streitigkeiten und Einsprachen ausgesetzt. Allerdings ist nicht zu leugnen, dass besonders auch die Gemeinde Wülflingen von Beugger profitierte. Immerhin war er 1833 der grösste Steuerzahler. Danach schien es mit dem Betrieb der Fabrik zeitweise bergab zu gehen. Insbesondere die wachsende Konkurrenz in der Textilindustrie und der Preiszerfall von englischen und französischen Garnen setzten dem Unternehmen zu. Im Jahr 1839 kam es im Zuge des sogenannten Züriputsches zu einer politischen Krise im Kanton Zürich, auf die 1841 auch eine wirtschaftliche Depression folgte, von der auch die Textilproduktion betroffen war. Danach erholte sich die Firma weitgehend. Den Rohstoff für seine Fabrik bezog Beugger in dieser Zeit jeweils von der Handelsfirma Reinhart, welche die fertiggestellten Garne ihrerseits wieder vertrieb. Um 1851 erreichte die Spinnerei unter ihrem Fabrikherrn ihre Hochblüte.

Spätes Engagement und Nachfolge

In dieser Zeit zeigte sich Beugger vermehrt wohltätig und unterstützte nicht nur seine Verwandten, sondern auch seine Heimatgemeinde Wülflingen und Bedürftige im Kanton. In seinem 73. Lebensjahr erkrankte Johannes Beugger unerwartet an einer Unterleibsentzündung, von der er sich nicht mehr erholen sollte. Er verstarb am 4. August 1852. Er hinterliess seine Ehefrau Elisabetha, drei Töchter und einen Sohn, Johannes Beugger, der die Leitung der Fabrik übernahm.

An den Fabrikanten erinnern noch heute die Johannes-Beugger-Strasse und die Johannes-Beugger-Brücke in Wülflingen.

Nachlass

Der Nachlass der Beugg’schern Spinnerei befindet sich in der Sammlung Winterthur Regierungsratsprotokolle Staatsarchiv Zürich Verschiedene Dossiers Staatsarchiv Zürich

Benutzte und weiterführende Literatur

Herter, Gustav: Die ehemalige Beugger’sche Spinnerei in Wülflingen, Oberwinterthur 1952.

Bibliografie


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
19.07.2024