Schulbauten und Kindergärten

Kantonsschule Rychenberg

Rychenbergstrasse 110

Die Kantonsschule Rychenberg ist eines von drei Gymnasien in Winterthur und bietet sowohl ein Langzeitgymnasium als auch eine Fachmittelschule an. Seit 1959 wird die Kantonsschule Rychenberg als selbständige Schule geführt. Sie befindet sich direkt neben der Kantonsschule im Lee am Südhang des Lindenbergs.


Baujahr
1959–1963

Erweiterungen
1990, 2008, 2018

Gründungsdatum
1959


Adresse
Kantonsschule Rychenberg
Rychenbergstrasse 110
8400 Winterthur
Die Kantonsschule Rychenberg wurde in den 1960er-Jahren auf dem Areal des ehemaligen Friedhofs Rychenberg erstellt. 1990 wurde der Schulcampus dann gegen Westen erweitert, wobei einige Häuser abgerissen werden mussten. Situation vor dem Bau 1954. Aunfahme mit Blick nach Nordosten.
Foto: winbib (Signatur 037123)

Geschichte

In der Industriestadt Winterthur lag der Ausbildungsschwerpunkt traditionell im technischen und kaufmännischen Bereich. Seit der Bildungsreform von 1832 führte Winterthur die sogenannten «Höheren Stadtschulen», bestehend aus der Industrie- und Gewerbeschule sowie dem Knabengymnasium und der oberen Mädchenschule. 1842 wurde von Architekt Leonhard Zeugheer an der Stadthausstrasse 6 die erste grosse Mittelschule realisiert (Heute Kunst Museum Winterthur Reinhart am Stadtgarten). Darin wurde die Industrieschule, das Knabengymnasium, die Stadtbibliothek und die Naturwissenschaftliche Sammlung untergebracht. Das Knabengymnasium wurde jedoch damals noch verkürzt geführt und erlaubten damit keinen direkten Übertritt an die Universitäten. Bis 1862 mussten die Schüler für diesen Abschluss noch nach Zürich reisen. Erst danach baute Winterthur die Schule zu einem vollwertigen Gymnasium aus, wo ab 1898 auch Mädchen zugelassen wurden. 1919 wurden die höheren Stadtschulen kantonalisiert und zur Winterthurer Kantonsschule zusammengefasst.

Die Winterthurer Kantonsschule von 1928

Da die Schülerzahlen stetig stiegen, musste bald ein neues Schulhaus gebaut werden. 1928 konnte der Kanton auf dem Südhang des Lindberges einen monumentalen Schulbau eröffnen, die heutige Kantonsschule Im Lee. Doch schon wenige Jahrzehnte später reichten die Kapazitäten nicht mehr aus. Bereits 1941 wurden erste Forderungen nach einer zweiten Turnhalle laut. Als nach dem Zweiten Weltkrieg auch immer mehr Schülerinnen und Schüler vom Land eine gymnasiale Matura anstrebten, platzte die Kantonsschule Winterthur aus allen Nähten. Der Kanton Zürich schrieb 1952 deshalb einen Wettbewerb für einen Neubau aus. Ursprünglich war ein stufenweiser Ausbau vorgesehen wobei zum Schluss eine Kapazität von zusätzlichen 15 Klassenzimmer hätte erreicht werden sollen. Bereits 1955 waren diese ursprünglichen Pläne jedoch überholt und die Platznot derart akut, dass die Klassenzimmerzahl verdoppelt werden musste. Ebenfalls wurde der Bau einer neuen Turnhalle unumgänglich. Im Zuge dieser deutlichen Vergrösserung des Projekts fiel auch der Entschluss, die Kantonsschule Winterthur, welche damals aus den Gymnasien, der Oberreal- und Lehramtsschule und der Diplommittelschule bestand, aufzuteilen und zu verselbstständigen.  Am 15. März 1959 wurde die Kreditvorlage für den Bau des neuen Schulhauses vom Zürcher Stimmvolk mit 92'707 Ja- gegen 50'385 Neinstimmen gutgeheissen. Noch im gleichen Jahr begannen die Bauarbeiten.

Die erste Erweiterung der 1960er-Jahre

Der Neubau wurde zwischen 1959 und 1962 nach den Plänen des Zürcher Architekten Erik Lanter realisiert. Dafür musste der ehemalige Friedhof Rychenberg  aufgehoben und alle  Bestatteten exhumiert werden. Sie fanden ihre letzte Ruhe im Friedhof Rosenberg.  Mit der Abtretung des ehemaligen Friedhofareals an den Kanton konnte der Standort ganz zu einem Schulcampus umgestaltet werden. Es folgten mehrere Bauphasen.

Die direkte Nachbarschaft zur monumentalen Anlage Im Lee stellte eine Herausforderung dar. Erik Lanter entschied sich bewusst für eine klare architektonische Trennung der beiden Schulbauten. Diese erreichte er, indem er den neuen Turnhallentrakt wie einen Riegel zwischen die beiden Schulen stellte. Der Haupttrakt der neuen Schule kam dabei direkt auf dem Standort der ehemaligen Friedhofskapelle zu stehen.  

Das Kantonsschulhaus Rychenberg bestand 1962 aus zwei zweigeschossigen Schulgebäuden, einer Doppelturnhalle, einer im quadratischen Grundriss ausgeführten Aula. Letztere war als Bautyp für die damalige Zeit noch ungewöhnlich und neuartig, gehörte aber dann schon bald zum Grundrepertoire einer grösseren Schulen. Hinzu kam die Aussengestaltung: Enstanden ist eine terrassierte Parkanlage wobei die ursprünglich vom Friedhof stammende Baumanlage integriert wurde. Die Doppelturnhalle konnte bereits 1961 und das Hauptgebäude im Sommer 1962 in Betrieb genommen werden. Später folgte der Spezialzimmertrakt. Die offizielle Einweihung fand im September 1963 statt. Die Feierlichkeiten wurden jedoch vom Flugzeugunglück bei Dürrenäsch vom 04. September 1963  überschattet.

Der Betonbau stiess bei der Schülerschaft nicht gerade auf viel Gegenliebe, so wurde er von der ersten Schüler:innengeneration auch gerne mal mit dem Spitznamen «Elefantengrab» versehen. Die vier ursprünglichen Bauten aus den 1960er-Jahren wurden inzwischen im Inventar der Denkmalschutzobjekte von überkommunaler Bedeutung aufgenommen.  Das Gebäudeensemble dokumentiert die Aufwertung der gymnasialen Ausbildung seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Gebäude sind gut erhaltene Repräsentanten der Nachkriegsmoderne. Sie greifen sowohl das seit den 1950er-Jahre verbreitete Pavillonsystem als auch die voluminöse Bauweise der Postmoderne auf, indem sie sich am Stil von Le Corbusier Moderne orientieren.  

Baudirektion Kanton Zürich, Archäologie und Denkmalpflege: Kantonsschule Rychenberg: Die Architektur. Die vierteilige Videoserie der Zürcher Denkmalpflege zum Schulhaus Rychenberg enstand im Rahmen der Denkmaltage 2021.

Schon bei der Eröffnung zu klein

Trotz Verdoppelung der ursprünglich geplanten Klassenzimmer war die Raumnot bei der Eröffnung der neuen Anlage nicht behoben. Die stirkte organisatorische Trennung der beiden benachbarten Kantonsschulen erwies sich im Alltag zudem als unzweckmässig. Schon bald wurde die vorhandene Infrastruktur wieder gemeinsam genutzt, weshalb sich die Schule mittlerweile auch als teilautonom bezeichnet.

Um die Raumnot nachhaltig zu beseitigen. plante der Kanton zwischen 1962 und 1970 den Bau einer weiteren Kantonsschule beim Deutweg. Das Vorhaben wurde nie realisiert, blockierte aber den Ausbau der bestehenden Anlage. Abhilfe wurde mit mehreren Provisorien geschaffen. Erst ab 1977 wurde der Ausbau in Angriff genommen und ein neues Raumprogramm erstellt, das jedoch aus finanziellen Gründen stark zusammengestrichen wurde. 1982 erfolgte die Wettbewerbsausschreibung für einen Neubau. Als Gewinner gingen die Winterthurer Architekten Markus Bolt und Peter Stutz hervor. Auch bei diesem Neubauprojekt mussten wegen Sparbemühungen empfindliche Abstriche gemacht werden, darunter eine geplante Turnhalle. Mit den Bauarbeiten konnte 1988 begonnen werden. Die Architekten realisierten am äussersten westlichen Rand des Areals eine L-Förmige Anlage. Sie umfasst unter andere einen mehrgeschossigen Schultrakt der geschicht in das Gelände eingefügt wurde und eine neue Mensa mit 180 Sitzplätzen. Auch diese Anlage konnte die Raumbedürfnisse nicht gänzlich befriedigen, weshalb schon kurz nach der Eröffnung vier provisorische Baracken und sechs Schulcontainer aufgestellt werden mussten.

Aufwendige Sanierung und Erweiterung in den 2000er-Jahren

Der Zahn der Zeit machte auch bei den Bauten von Erik Lanter nicht halt. Die Betonbauten der 1960er-Jahre erwiesen sich als weit weniger robust als damals angenommen.  Die Anlage musste deshalb zwischen 1996 und 2009 aufwendig und umfassend Saniert werden.

Parallel zu den Sanierungen entstand zwischen 2004 und 2008  mitten in der Anlage ein weiterer Neubau mit 11 Klassenzimmern, Mediothek und einer Dreifachturnhalle. Das Architektenteam um den Berliner Jost Haberland entschied sich dabei für einen dreigeschossigen kubischen Baukörper, der auf einem langgezogenen Sockelgeschoss ruht. Zwischen 2017 und 2018 wurde die Mensa modernisiert und aufgestockt und mit einem Solardach versehen.

Schulbetrieb

Die Kantonsschule Rychenberg bietet ein Langzeitgymnasium mit alt- und neusprachlichen Profilen und eine Fachmittelschule an mit mehreren Profilen an. Sie zählt zu einer der grösseren Kantonsschulen im Kanton Zürich. Die Schule verfügt über ein reichhaltiges Campusleben mit verschiedenen Fachschaften, zu denen unter anderen die seit 1863 bestehende Studentenverbindung Vitodurania zählt. Die beiden Unihockeyclubs HC Rychenberg und Red Ants Rychenberg wurden von Angehörigen der Schule gegründet.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Bretscher Dominic, et. al.: 150 Jahre Kantonsschule Winterthur, Winterthur 2012.
Muraro, Jürg/Brauchli Markus: Kantonsschule Rychenberg Winterthur. Architektonische Impressionen, Pfäffikon 2009.
Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt: Erweiterung Kantonsschulen Rychenberg und Im Lee Winterthur. Bauwerksdokumentation, Zürich 2007.
Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt: Winterthur. Kantonsschulen Rychenberg und Im Lee, Erweiterung. katalog anlässlich der öffentlichen Wettbewerbsausstellung vom 14.  bis 23. Dezember 1999, Egg, 1999.
Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt: Kantonsschule Winterthur. Ergänzungsbau 1990, Zürich 1990.

Bibliografie

    Kantonsschule Rychenberg

    • Einträge ab 2011

      Referat Dorothée Fierz, Baudirektorin, Referat M Hirsch, Bildungsdirektion, 1999, in: Landbote Doku 7/3.
      Vogt, Sophia: Eine Bronzeskulptur passend zur Schule. In: Coucou, Nr. 124 (2024). S. 40. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Fotovoltaikanlage: Landbote 1995/18. - Winterthurer Arbeiterzeitung 1995/18. - Weinländer Zeitung 1995/9.
      Buchprojekt "Durchbruch": Landbote 1996/160.
      Bibliothek. EDV: Treffpunkt Bibliothek 1996/1. - Jahresbericht Kantonsschule Rychenberg 1994/95.
      Privatisierung Putzfrauen: Tages-Anzeiger 1998/268 [Winterthurer Dok. 1998/44]. - Landbote 1999/73.
      Schlechtes Image: Stadtblatt 2000/34.
      Fremdsprachiger Unterricht, Pilotklassen: NZZ 2000/281 S. 45.
      Zweisprachige Matur: Landbote 2001/230. - Jahresbericht Kantonsschule Rychenberg 2002/2003 Immersionsunterricht, 2003/2004 do.
      Sparmassnahmen Kanton. Diplom-Mittelschule DMS gefährdet: Landbote 2003/109 1Abb.
      Weiterführung als Fachmittelschule FMS: Jahresbericht Kantonsschule Rychenberg 2002/2003.
      Fünftagewoche: Landbote 2005/58.
      Neue Rektorin Franziska Widmer Müller: Landbote 2006/137 1Abb.
      Diplommittelschule: Landbote 2007/4 1Abb.
      Schülermusical, Maturarbeit: Landbote 2007/25 m.Abb.
      Fachmittelschule. Erste Fachmatur-Zeugnisse: Landbote 2008/156.
      Erfolgreichste ETH-Studierende: Landbote 2009/12 m.Abb. - NZZ am Sonntag 2009/18.1. - Tages-Anzeiger 2009/15 Interview Franziska Widmer, 1Abb. [Winterthurer Dok.2009/1]
      1. Fachmatur: Landbote 2009/113.
      Pilotklasse Hauswirtschaftsunterricht Husi: Landbote 2009/115 1Abb., 139 m.Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
28.07.2023