Schulbauten und Kindergärten

Schulhaus Lindberg

Bäumlistrasse 39

Oberhalb von Oberwinterthur, am Waldrand, steht das Schulhaus Lindberg. Der Architekt Hans Hohloch errichtete es von 1933 bis 1935 im fortschrittlichen Stil des Neuen Bauens. Es verfügt über ein Flachdach und gestaffelte Baukörper. In den folgenden Jahren erfolgte eine Erweiterung.


Baujahr
1935


Adresse
Schulhaus Lindberg
Bäumlistrass 39
8404 Winterthur

Areal vor Baubeginn, 1933
Foto: winbib (Signatur 066743)

Der Schulraum wird knapp

 Der Bau des Schulhauses Lindberg war bereits 1913 ein Thema. In der damals noch selbständigen Gemeinde Oberwinterthur fehlte es an Schulraum. 1914/15 kaufte die Gemeinde das Grundstück am Lindberg und liess von den Architekten Rittmeyer & Furrer ein Schulhaus entwerfen. Aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs mussten die Pläne jedoch aufgegeben werden. Erst mit der Eingemeindung 1922 wurde der Ruf nach einem weiteren Schulhaus in Oberwinterthur wieder laut. In den 1920er Jahren verdoppelten sich die Schülerzahlen. Grund dafür war unter anderem, dass im Zuge des Ausbaus der Sulzerwerke in Oberwinterthur viele neue Arbeitende zuzogen und in der Folge in Oberwinterthur neue Quartiere wie Stadtrain, Talwiesen und Hegifeld entstanden.

Architekt Hans Hohloch gewinnt den Wettbewerb

1931 schrieb die Stadt Winterthur einen Wettbewerb für den Bau des Sekundarschulhauses Lindberg mit Turnhalle aus. Unter den 44 eingereichten Entwürfen befand sich auch das Projekt des Architekten Hans Hohloch. Mit seiner nach modernen Grundsätzen entworfenen Schulanlage gewann er den Wettbewerb. 1933 begann der Bau. Der Bauplatz eignete sich gut um die Pläne des Architekten umzusetzen. In der in den 1930er Jahren populären Reformpädagogik, nach der sich auch die moderne Schulhausarchitektur richtete, legte man grossen Wert auf die Nähe zur Natur und eine gute Ausrichtung des Gebäudes zur Sonne.

Im Gegensatz zu den eng gebauten und schlecht belichteten Schulen zeichnete sich das Schulhaus Lindberg durch seine zur Sonne ausgerichteten Schulzimmer aus, die Hohloch mit grossen Fenstern ausstattete. Diese sollten eine optimale Belichtung und Belüftung der Räume gewährleisten. Anders als der traditionelle historisch-repräsentative Schulhauspalast war das Schulhaus Lindberg zudem in ruhigen, schlichten Linien gehalten. Es entsprach zwar nicht ganz dem reformpädagogischen Idealtypus der "Freiluftschulen", die eingeschossige Pavillons bevorzugten. Der progressive Bau im Stil des Neuen Bauens deckte mit seiner Bauweise aber trotzdem viele Punkte der Reformpädagogik ab, die das Kind als Persönlichkeit wahrnahm und sich für das "Befreite Lernen" stark machte. Mit seinem Flachdach und den gestaffelten Kubaturen war das Projekt einigen aber auch zu modern. Man störte sich am fehlenden Giebeldach, hatte die Ansicht, ein neues Schulhaus sei gar nicht nötig, oder lehnte das Projekt wegen der hohen Kosten aufgrund der Hanglage ab.

Im April 1933 stimmte die Bevölkerung dem Projekt dann aber doch zu und bewilligte als städtischen Anteil 981'000 Franken. Den übrigen Teil der Kosten, die sich auf insgesamt 1,472 Millionen beliefen, übernahm der Kanton.

Einweihung des neuen Schulhauses

Im August 1935 war das Schulhaus fertig gebaut und konnte eingeweiht werden. Dafür organisierten die Verantwortlichen ein grosses Fest mit Festspiel und Festumzug. Am Festspiel wirkten über 400 Personen mit. Neben der Präsentation historischer Bilder gab es eine «fröhliche Sport-Revue der Jugend», farbenprächtige Reigen, Schülerchöre, Musik und «Freitanz». Der Festumzug führte von Oberwinterthur bis zum Hauptbahnhof und wieder zurück nach Oberwinterthur. Ungefähr 1500 Personen nahmen daran teil, darunter über 50 kostümierte Gruppen. Im reich bebilderten Erinnerungsbuch «Vitodurums Weggefährten» sind die verschiedenen Umzugsteilnehmenden abgebildet. Neben vielen Gewerbetreibenden, die mit ihren phantasievoll gestalteten «Werbewagen» durch die Strassen fuhren, liefen auch eine Gruppe Alter Römer, Hänsel und Gretel mit Lebkuchenhaus sowie viele Kinder, die sich als Schmetterlinge, Blumen oder Zwerge verkleidet hatten, im Umzug mit. Auf einem der Wagen wurde auch ein Modell des Schulhauses Lindberg den Zuschauenden, die den Strassenrand säumten, präsentiert.

Schnecken fürs Naturmuseum

 Bei den Bauarbeiten von 1935 stiessen Arbeitende auf felsigen Untergrund, der aus Mergel und Sandstein aus der Molassezeit bestand. Diese Gesteine stammen aus der Zeit vor ungefähr 15 Millionen Jahren. Darin eingeschlossen waren einstige schlammige Tümpel, in denen sich massenhaft Schnecken angesammelt haben. An genau so einer Stelle trafen die Bauarbeiter. Aus dieser freigelegten Schneckenbank entnahmen sie 57 Schachteln mit Proben. Diese Proben übergaben sie dem Naturmuseum Winterthur für die paläontologische Sammlung.

Erweiterungsbau und Renovation

1946/47 erweiterte der Architekt Hans Hohloch das Schulhaus im Südwesten um sieben zusätzliche Schulzimmer. Erste grössere Renovationen fanden 1968 statt. Hohloch übernahm erneut die Projektierung und Bauleitung. Auch bei den tiefgreifenden Umbauarbeiten 1974/75 wurde der Architekt beigezogen. Ende der 1980er Jahre musste das Schulhaus wegen undichter und einfach verglaster Fenster renoviert werden. Zudem war die Betonfassade, die im Laufe der Jahre Schaden genommen hatte, zu erneuern. Auch neue räumliche Bedürfnisse wurden angemeldet. Von 1991 bis 1995 prüften Fachpersonen verschiedene Lösungen für eine bauliche und funktionelle Sanierung des Schulhauses. Eine längere Projektierungsphase mit einigen Höhen und Tiefen begann, bis 1998 mit den Sanierungsarbeiten gestartet werden konnte. Im Jahr 2000 waren die Arbeiten abgeschlossen, und 2001 feierten wir die Renovation des Schulhauses mit einem Fest.


Benutzte und weiterführende Literatur

Bieli, Reto: Schulhaus Lindberg: Neues Bauen trifft Reformpädagogik. In: Oberwinterthur. Von der Antike zum neuen Bauen. 200 Jahre Oberwinterthur. Hrsg. Stadt Winterthur. Departement Bau, Denkmalpflege, Winterthur, 2007. S. 26-27. ill.
Die Baugeschichte 1913-1935. In: Der Landbote, 24. August 1935.
Hohloch, Hans: Vom baulichen Charakter. In: Der Landbote, 24. August 1935.
Schulhaus Lindberg. Umbau und Sanierung. 19. Mai 2001. Hrsg. Stadt Winterthur. Departement Bau Departement Schule und Sport. Winterthur, 2001. 24 S., ill.
Vitodurums Weggefährten. Bilderbuch zur Erinnerung an Festspiel und Festzug anlässlich der Einweihung des Lindbergschulhauses in Oberwinterthur. August 1935. Winterthur, 1935

Bibliografie

    Schulhaus Lindberg

    • Einträge ab 2011

      Widmer, Urs: Schulhaus Lindberg. In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke und Häuser A-Sch. 1 S.
      Strom sparen in Winterthur, Bericht zu Sparvorschläge – Energie vom Schulhaus Lindberg «Projektwoche Energie», Medienmitteilung, Zeitungsartikel, .Vereinbarung zu Energieprojektwochen in Schulen, 1993-1997, in: Doku Landbote 10/7.
      Briner, Karin: Oberi aus dem Bildarchiv. In: Oberi Zytig, November 2022, S. 6. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Vitodurums Weggefährten : Bilderbuch zur Erinnerung anFestspiel und Festzug anlässlich der Einweihung desLIndbergschulhauses in Oberwinterthur August 1935. Winterthur : Gustav Pfister ; Druck: Buchdruckerei Winterthur, (1935). -unpag. : vorwiegend Ill.
      Sponsoring für Kulturwochen: Landbote 1995/278.
      Sanierung: Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 1997/43 m.Abb. - Landbote 1997/109 m.Abb., 261 1Abb. - Winterthurer Arbeiterzeitung 1997/89 1Abb.
      Projektwochen Stromsparen, Vertrag mit Stadt: Landbote 1997/128.
      Gesamtrenovation: Oberi Zytig 1999/128 m.Abb. - Landbote 2000, 121, 2001/116 m.Abb. - Weinländer Zeitung 2001/59 1Abb.
      Neues Bauen trifft Reformpädagogik, von Reto Bieli, in: Oberwinterthur : Von der Antike zum neuen Bauen / hrsg. vonder Abteilung Denkmalpflege der Stadt Winterthur. - Winterthur, 2007, m.Abb.
      Führung Denkmalpflege: Landbote 2009/122 m.Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
02.10.2024