Kirchengebäude

Kirche St. Urban

Seenerstrasse 193

St. Urban ist die jüngste der sieben katholischen Kirchen von Winterthur. Sie wurde 1974 von Benito Davi als dezent gestaltetes kirchliches Zentrum mit einem vielfältig nutzbaren Gottesdienstraum erbaut. Beachtung verdienen die Glasfenster von Ferdinand Gehr und die Goll-Orgel von 2015.


Baujahr
1974


Adresse
Römisch-Katholische
Pfarrei St. Urban
Seenerstrasse 193
8405 Winterthur

Das kirchliche Zentrum St. Urban besteht aus einem niedrig gehaltenen Kirchenbau samt angegliedertem Pfarreizentrum und darüber errichtetem Pfarrhaus. Die Gebäudeteile, die diesen drei Aufgaben zugeteilt sind, lassen sich von aussen optisch kaum voneinander unterscheiden. Dass sich im Innern des Baus eine Kirche befindet, wird lediglich an den Kreuzen beim Eingang sowie am niedrig gehaltenen Turm sichtbar. Aufnahme 1974.
Foto: winbib (Signatur 071469)

Geschichte

Um 1900 lebten in Seen mehr Arbeiterfamilien als alteingesessene Bauernfamilien, sodass sich unter den Bewohnenden auch etliche zugewanderte Katholikinnen und Katholiken befanden. Diese konnten einer Messfeier entweder in St. Peter und Paul Winterthur beiwohnen oder aber in der 1898 eröffneten Kirche St. Antonius in Kollbrunn. Als 1934 im Quartier Mattenbach die Kirche Herz Jesu eingeweiht wurde, waren deren Geistliche auch für die katholischen Gläubigen von Seen zuständig.

Der Bauboom, der in Seen nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte, hatte zur Folge, dass die katholische Bevölkerung rasch anwuchs, sodass der Aufbau einer eigenen Pfarrei sinnvoll erschien. 1947 wurde hierzu ein Bauverein gegründet. 1957 gelang es, ein erstes Areal an der Ballstrasse zu kaufen. Dieses war für eine Kirche zwar zu klein, aber es konnte 1962 als Tauschobjekt für den Baugrund der heutigen Kirche verwendet werden. Ab 1961 fanden in Seen im Schulhaus Büelwiesen regelmässig katholische Sonntagsgottesdienste statt, welche ab dem 1. Mai 1971 durch einen Vorabendgottesdienst am Samstag im reformierten Kirchgemeindehaus ergänzt wurden.

Im März 1972 stimmten die römisch-katholischen Stimmbürger und Stimmbürgerinnen von ganz Winterthur dem Kredit für den Bau einer Kirche in Seen zu. Dies war der erste Urnengang der römisch-katholischen Kirchgemeinde seit deren Gründung 1862. Im Geist des II. Vatikanischen Konzils (Versammlung der römisch-katholischen Weltkirche, 1962–1965) sollte kein monumentaler Kirchenbau entstehen, sondern ein multifunktionales kirchliches Zentrum mit verschiedenen Räumen für die Aktivitäten der Pfarrei sowie Büros und Wohnraum für die Geistlichen. Den Architekturwettbewerb konnte Benito Davi für sich entscheiden. Am 16. Juni 1972 erfolgte der erste Spatenstich, und nach knapp zweijähriger Bauzeit weihte Bischof Johannes Vonderach am 2. November 1974 die Kirche feierlich ein. 2013-2014 wurde St. Urban umfassend saniert und am 29. November 2014 wiedereröffnet.

Architektur & Kunst

Das kirchliche Zentrum St. Urban ist ein typisches Beispiel für die Bauperiode des zurückhaltenden und funktionalen Baustils der 1970er- und 1980er-Jahre. Es besteht aus einem niedrig gehaltenen Kirchenbau samt angegliedertem Pfarreizentrum und darüber errichtetem Pfarrhaus. Die Gebäudeteile, die diesen drei Aufgaben zugeteilt sind, lassen sich von aussen optisch kaum voneinander unterscheiden. Dass sich im Innern des Baus eine Kirche befindet, wird lediglich an den Kreuzen beim Eingang sowie am niedrig gehaltenen Turm sichtbar. In seinem Innern ruft ein dreistimmiges Geläut aus der Aarauer Giesserei H. Rüetschi zum Gottesdienst.

Wichtig war den Verantwortlichen die Multifunktionalität sämtlicher Räume. Benito Davi konzipierte deswegen auch den Kirchenraum so, dass er durch Trennwände in unterschiedlich grosse Teilräume unterteilt und somit auch für profane Zwecke verwendet werden kann. Hinter der Chorwand wurde dagegen ein abgetrennter Bereich geschaffen, der ausschliesslich der Stille und dem Gebet dienen soll. Der Kirchenraum setzt die Vorgaben des II. Vatikanums wie ganz selbstverständlich um: Er besteht im Wesentlichen aus einem Querrechteck, das die Gottesdienstbesuchenden auf den im Halbkreis angeordneten Stühlen um den Altar versammelt, sodass die Gemeinschaft der Gläubigen mit ihren Seelsorgenden auch räumlich Ausdruck findet. Neben dem Volksaltar ist der Ambo aufgestellt, der in seiner Gestaltung diejenige des Altars aufnimmt und so die Gleichrangigkeit von Wort und Sakrament unterstreicht. Der Tabernakel (Schrein zur Aufbewahrung von bei der Messe nicht ausgeteilten konsekrierten Hostien) ist an der Chorwand angebracht und wurde mit Halbedelsteinen besetzt.

Die bedeutendsten Kunstwerke von St. Urban sind die Glasfenster von Ferdinand Gehr, die dem nüchternen Raum einen sakralen Charakter verleihen. Seit 2015 besitzt die Kirche zwei Orgeln: die kleinere Mathis-Orgel stammt von 1976 und wurde durch die raumfüllende Goll-Orgel von 2015 ergänzt, dessen Erscheinungsbild die sakrale Bestimmung des Raumes nun zusätzlich hervorhebt.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Weber, Markus: Sakrales Zürich. 150 Jahre katholischer Kirchenbau im Kanton Zürich, Ruswil 2018.
Niederhäuser, Peter: Von der Diaspora zur Ökumene. 150 Jahre römisch-katholische Kirchgemeinde Winterthur, Winterthur 2012.
Römisch-katholische Kirchgemeinde Winterthur: Kirchliches Zentrum St. Urban Winterthur-Seen, Winterthur 1974.

Bibliografie


Autor/In:
Markus Weber
Letzte
Bearbeitung:
12.11.2024