Stadtkreise und Quartiere

Mattenbach (Stadtkreis)

Der Stadtkreis Mattenbach ist der jüngste der sieben Winterthurer Stadtkreise. Erst im Jahr 1973 ist das Gebiet zwischen Seen und der Altstadt durch eine Revision der Gemeindeordnung zu einem Stadtkreis geworden. Anders als die übrigen Stadtkreise geht Mattenbach nicht auf ein altes Dorf zurück, sondern ist ein künstliches Gebilde.


Gründungsdatum
1973


Siedlung Zelgli II («Blaue Häuser») an der Eisweiherstrasse, 2019
Foto: winbib, Andreas Mader (Signatur: FotDig_Mader_0070)

Einsames städtisches Umland

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war im Gebiet zwischen Altstadt und Seen nicht viel los. Es soll «zu den einsamsten der Stadt» gehört haben, heisst es in einem Bericht von 1895. Das Gebiet um den Mattenbach wurde vor allem landwirtschaftlich genutzt und war, abgesehen von einzelnen Bauerngütern und Mühlen, die die bescheidene Wasserkraft der Eulach und des Mattenbachs nutzten, unbebaut.

Entwicklung zum Wohn- und Gewerbequartier

Mit dem Bau der heutigen Tösstalstrasse zwischen 1835 und 1837 änderte sich die ländliche Stimmung vor den Toren der Stadt. Gewerbe- und Wohnhäuser wurden erbaut wie zum Beispiel das «Blumental» an der Tösstalstrasse 20 (heute Berufsschulhaus) oder die Villa Flora an der Tösstalstrasse 42. In den 1840er-Jahren entwickelte sich die bereits bestehende Färberei in der Schleife allmählich zu einem kleinen Industrieareal.

Erste Arbeitersiedlungen in den 1870er-Jahren

Die Gründung der Mechanischen Seidenstoffweberei (Sidi) an der St. Gallerstrasse im Jahr 1872 bedeutete den definitiven Einzug der Moderne ins Mattenbachquartier. Mit der Fabrik kamen auch die Menschen und setzte der Wohnungsbau für die Arbeiter:innen ein. Direkt neben der «Sidi» wurden Wohnhäuser an der Töpferstrasse und an der Grüzenstrasse erstellt, erste Siedlungen entstanden 1872 beim Unteren Deutweg und im Geiselweidquartier, ebenfalls in unmittelbarer Nähe der Fabrik.

Tramdepot, noch mehr Wohnungen und zwei Kirchen

Auch auf der Südseite der Tösstalstrasse setzte Anfang des 20. Jahrhunderts allmählich die Entwicklung ein. 1914 nahm das Tramdepot nahe dem noch landwirtschaftlich genutzten Talgut-Gebiet seinen Betrieb auf. Wohnungen wurden im Talgut zwar vorerst noch keine Gebaut, sondern lediglich eine Barackensiedlung und ein Sportplatz. Weitere Siedlungen entstanden zu dieser Zeit jedoch an der Weberstrasse und am Unteren Deutweg (Bernoulli-Siedlung) und beim Oberen Deutweg (Eigenheim-Siedlung). 1934 wurden dann auch südlich der Tösstalstrasse erste Wohnhäuser gebaut. Am Kreuzeggweg entstand die Wohnkolonie «Talgut-Deutweg» mit 22 Einfamilienhäusern, und mit dem Bau der beiden Kirchen Herz Jesu (1934) und der Zwinglikirche (1940) gehörten fortan auch zwei Glockentürme zum Quartierbild.

Rasches Wachstum in den Nachkriegsjahren

Der Bau der Zwinglikirche läutete noch während des Zweiten Weltkrieges die grossflächige Überbauung des Gebietes südlich der Tösstalstrasse ein. 1944 wurde die Genossenschaftssiedlung Zelgli an der Eisweiherstrasse realisiert, und fast gleichzeitig setzte die Überbauung des Gebietes zwischen Tösstalstrasse und Mattenbach ein. Das Wachstum griff immer weiter über die bisherigen Grenzen und Richtung Seen aus, bis zum Grüngürtel des Grüzefelds, wo in den 1960er-Jahren die Siedlung Gutschick und die Plattenbauten an der Grüzefeldstrasse («Zindelhörner») erstellt wurden.

Stadtkreis seit 1973

Mit der Revision der Gemeindeordnung ist das Gebiet zwischen Seen und der Altstadt 1973 zu einem eigenen Stadtkreis geworden. Das starke Wachstum der Bevölkerung – der neu gegründete Stadtkreis Mattenbach zählte 1973 13'000 Einwohner:innen – war einer der Gründe für diesen Schritt. Ein anderer war, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits eine eigene Kirchgemeinde Mattenbach gab.

Leben im Mattenbach heute

Auch wenn der Stadtkreis Mattenbach im Gegensatz zu Wüflingen, Veltheim, Oberwinterthur, Seen und Töss (früher eigenständige Gemeinden) keinen Dorfkern hat und innerhalb des Siedlungsgebietes Siedlungen ganz unterschiedlichen Charakters entstanden sind, fühlen sich die Mattebacher:innen wohl in ihrem Stadtkreis. Sie schätzen besonders die gleichzeitige Nähe zum Wald und zur Stadt, die Ufer des Mattenbachs und das viele Grün, wie aus einem Porträt des Stadtkreises im «Landboten» im Sommer 2022 hervorgeht. Im Stadtkreis Mattenbach befindet sich neben dem mittlerweile als Schul-, Gewerbe- und Kulturort umgenutzten Zeughaus-Areal, dem Sportplatz Deutweg und der Eishalle u. a. auch das international bekannte Fotomuseum und die Fotostiftung Schweiz, doch das Highlight im Quartier ist für die Mattenbacher:innen ein anderes: das Schwimmbad Geiselweid.


Benutzte und weiterführende Literatur

Niederhäuser, Peter: Von der Vorstadt zum Stadtkreis – das Mattenbachquartier, in: Sprachrohr 2013/2.
Niederhäuser, Peter: Von der Mission zur Gemeinde. 75 Jahre Zwinglikirche Winterthur, 2014.
Antonelli, Elisabetta: Wo sich Stadt und Wald Hallo sagen, in: Der Landbote, 28.7.2022.

Bibliografie

    Quartier Mattenbach

    • Einträge ab 2011

      Niederhäuser, Peter: Von der Vorstadt zum Stadtkreis - das Mattenbachquartier. 40 Jahre Stadtkreis Mattenbach. In: Sprachrohr, Nr. 2 (2013). S. 4-5. m. Abb.
      Geiser, Regula: Vom Ackerfeld zum eigenen Stadtkreis. In: Sprachrohr, Nr. 3, 2022. S. 13. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Jüngstes Stadtquartier: Landbote 2000/158.
      Kleinster Stadtteil: VorOrt 2008/9 m.Abb.
      Tag des Denkmals 2009: Winterthur-Mattenbach : von Backsteinhäusern, Dampfkesselnund Gärten / Hrsg. Stadt Winterthur, Departement Bau,Denkmalpflege. Winterthur : Departement Bau, 2009. - Landbote 2009/212 m.Abb.

    Mattenbach-Talgut, Siedlung Wohnbaugenossenschaft Talgut, Quartiererhaltungszone

    • Einträge 1991–2010

      Sanierung, teilweiser Abbruch, Architektur-Wettbewerb: Landbote 2008/270 m.Abb., 2009/158 Kritik Mieterverband, 260 Interview Jack Würgler und Heinz Hunn, m.Abb. - Hochparterre 2009/5 S.4-15, m.Abb. Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 2009/49, 114.
      Demonstration gegen Abbruch: Landbote 2009/285 1Abb.
      Opposition: Landbote 2010/84. - NZZ 2010/80 S. 17.
      Planung der Eigentümer: Landbote 2010/154.
      Architekturforum: Landbote 2010/157.
      Quartiererhaltungszone, Studienauftrag: Winterthurer Zeitung 2010/28 1Abb.

    Reformierte Kirche Winterthur-Mattenbach

    • Einträge 1991–2010

      Revision Kirchgemeindeordnung: Kirchenbote Mattenbach 1991/19

    Quartierverein Gutschick-Mattenbach

    • Einträge ab 2011

      Bächinger, Heinz: Entstehungsgeschichte des heutigen Quartiervereins Gutschick-Mattenbach. 40 Jahre Stadtkreis Mattenbach. In: Sprachrohr, Nr. 2 (2013). S. 4-5. m. Abb.
      Die Weiterführung des Quartiervereins Gutschick-Mattenbach ist gesichert. In: Sprachrohr, Nr. 2 (2021). S. 8-11. m.Abb.
      Über die Freuden und Lasten eines Quartiervereins. In: Sprachrohr, Nr. 1 (2022). S. 14-15. m.Abb.
      Garcia, Miguel: Ein Verein schafft Gemeinschaft. In: Sprachrohr, Nr. 1 (2022). S. 16-17. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      25 Jahre: Sprachrohr 1997/2. - Landbote 1997/124. - Weinländer Zeitung 1997/62, 63.
      Interkulturelles Quartierfest: Landbote 2004/135.
      Quartierforum, Zusammenarbeit Einheimische-Zugewanderte: Sprachrohr 2003/3.
      Jugendtreff Gutschick: Landbote 2007/144 1Abb.

    Reformierte Kirche Winterthur-Mattenbach. Kirchgemeindehaus

    • Einträge 1991–2010

      Umbau. Einweihung: Landbote 2003/117 1Abb.


Autor/In:
Regula Geiser
Letzte
Bearbeitung:
13.02.2023