Politik

Maja Ingold

Lehrerin, Politikerin, Stadträtin (EVP), *1948

Maja Ingold war von Januar 1997 bis April 2002 Mitglied des Grossen Gemeinderats von Winterthur. Von Mai 2002 bis Mai 2010 war sie Stadträtin und stand dem Departement Soziales vor. Ende Mai 2010 übernahm sie den Nationalratssitz des zurückgetretenen Parteikollegen Ruedi Aeschbacher. Bis Herbst 2017 übte sie dieses Mandat aus.


Geburtsort
Winterthur

Geboren
23.05.1948


Maja Ingold, Kandidatin bei den Stadtratswahlen 2002
Foto: winbib, Andreas Wolfensberger (Signatur FotDig_Lb_001-570)

Persönlicher Werdegang

Maja Ingold wurde am 23. Mai 1948 in Winterthur geboren. Sie Besuchte die Kantonsschule im Lee und absolvierte im Anschluss eine Ausbildung zur Primarlehrerin. Sie heiratete einen Arzt. Aus der Ehe entsprangen drei Kinder. Der Lebensmittelpunkt der Familie verlagerte sich nach Schlatt. Beruflich bildete sie sich im Bereich der musikalischen Früherziehung und Legasthenietherapie weiter. 1971–1982 engagierte sich Maja Ingold politisch für die Gemeinde. 

Als ihr Ehemann in Winterthur eine Arztpraxis für Gynäkologie eröffnete, zog die ganze Familie nach Oberwinterthur und damit zurück in ihre Heimatstadt. Dort setzte Ingold ihr politisches Engagement ab 1986 in der reformierten Kirchenpflege fort, die sie fünf Jahre lang auch präsidierte. 1996 trat die 48-jährige der Evangelischen Volkspartei (EVP) bei und wurde ein Jahr später in den Grossen Gemeinderat gewählt. Von 1999 bis 2003 war sie Mitglied in der reformierten Kirchensynode. Von 2000 bis 2002 war sie Verfassungsrätin im Kanton Zürich.

Erste EVP-Stadträtin Winterthurs

2002 wurde Maja Ingold als erste EVP-Vertreterin in den Stadtrat gewählt. Sie setzte sich gegen den zu jener Zeit in Winterthur wesentlich besser bekannten SVP-Kandidaten Jürg Stahl durch. Ihre Wahl war eine grosse Überraschung, denn die EVP war im Alleingang in den Wahlkampf getreten. Die Stadt Winterthur erhielt damit eine Mitte-Links-Regierung. Maja Ingold übernahm das Sozialdepartement. Dort musste sie die kurz vor ihrer Wahl beschlossenen Sparvorhaben im Bereich der Altersversorgung umsetzen. Sie setzte die Fusion von Pflege- und Altersheimen durch, reduzierte die Kaderstellen und erhöhte die Pflegetaxen. Aufgrund dieser Massnahmen hagelte es Kritik von Seiten des betroffenen Personals, der Angehörigen und Heimbewohner:innen. 

2007 setzte sie mehr Stellenprozente durch, womit sie die Kritik von bürgerlicher Seite auf sich zog. Ingold vertrat konsequent Mitte-Positionen. Sie setzte sich aktiv für die Bekämpfung des Sozialmissbrauchs ein. Über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wurde sie mit dem von ihr initiierten Integrationsprogramm «Passage». Darin werden arbeitsfähige Personen, die Anspruch auf eine längerfristige Sozialhilfe haben, zu einem einmonatigen Arbeitseinsatz in den Bereichen Forstpflege, Abfallentsorgung oder Reinigung verpflichtet. Neben einer entlöhnten Arbeitsmöglichkeit erhalten die Betroffenen fachliche Unterstützung für eine Reintegration in den Arbeitsmarkt, womit eine definitive Aufnahme in die Sozialhilfe abgewendet werden soll. Das «Passage-Modell» wurde später von anderen Schweizer Städten und Gemeinden adaptiert. 

Ingold setzte Akzente in der Jugendpolitik. Sie initiierte Brückenangebote für arbeitslose Jugendliche und förderte die mobile Jugendarbeit. 2010 stellte sich Maja Ingold nicht mehr zur Wiederwahl zur Verfügung. Die EVP konnte darauf den Sitz nicht halten und schied wieder aus der Exekutive aus. Das Sozialdepartement übernahm Nicolas Galladé (SP).

Erste EVP-Nationalrätin

Nur wenige Monate später schrieb Maja Ingold Parteigeschichte, als sie als erste weibliche EVP-Vertreterin auf den frei werdenden Sitz des ehemaligen Zürcher Stadtrats und EVP-Kantonsrats Ruedi Aeschbacher nachrückte. Auf Bundesebene setzte sie ihre politischen Schwerpunkte auf die Integrations-, Arbeits- und Entwicklungspolitik sowie die Altersvorsorge. 2011 kandidierte sie für den Zürcher Regierungsrat, blieb allerdings chancenlos. 2017 trat Maja Ingold vorzeitig aus dem Nationalrat zurück und beendete nach über 20 Jahren auch ihre politische Karriere. Ihr Nachfolger wurde Nik Gugger (EVP).

Vielseitig in Winterthur engagiert

Maja Ingold übernahm verschiedene Stiftungsratsmandate, so beispielsweise bei «Brot für Alle», bei der «Selbsthilfe Schweiz», der «Stiftung iks Kinderseele Schweiz» und als Mitglied im Prüfungsausschuss der «Stiftung Solidarität Dritte Welt». Darüber hinaus ist sie Mitglied und Gönnerin in über 20 Vereinen aus den Bereichen Soziales, Sport und Kultur. Die passionierte Geigerin präsidierte 2010–2014 das Musikkollegium


Benutzte und weiterführende Literatur

Gmür, Martin/Leutenegger, Marc: «Unsere Leidenschaft damals war grösser», in: Landbote, 24.11.2017.
Rücktritt Maja Ingold. Die pragmatische Brückenbauerin aus Winterthur tritt ab, in: Regionaljournal Schaffhausen, 22.11.2017.
Zürcher, Heinz:
Maja Ingold – Vertreterin der sozialen Mitte, in: Landbote, 06.10.2015.

Bibliografie

    Ingold, Maja, Stadträtin, Nationalrätin

    • Einträge 1991–2010

      Landbote 2002/15. - Oberi Zytig 2002/142 Interview.
      Landbote 2005/270 1Abb., 290 1Abb. - Stadtblatt 2006/4.
      Ingold, Maja:Passagen : 7 Worte, Bilder, Texte / Maja Ingold, AngelaWäffler-Boveland. - Zürich : Wtb, Deutschschweizer Projektefür Erwachsenenbildung, 2003. - 39 S. : Ill.
      Rücktritt. Stadtinfo 2010/2 von Regine Sauter, 1Abb. - Landbote 2010/96 von Peter Fritsche, 1Abb. - NZZ 2010/105 S. 21 1Abb.
      Nationalrätin: Landbote 2010/123 m.Abb.
      Kandidatin Regierungsrat: NZZ 2010/196 S. 15. - Landbote 2010/196 1Abb.
      Präsidentin Musikkollegium: Musikuss 2010/2 Interview


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
18.11.2022