Politik

Pearl Pedergnana

Primarlehrerin, Projektmanagerin, Stadträtin (SP), *1959

Pearl Pedergnana (SP) war von 2001 bis 2014 Winterthurer Stadträtin. Sie stand zuerst dem Schuldepartament vor und wechselte 2010 ins Baudepartement. 2014 wurde sie abgewählt.


Geburtsort
Penticton, British Columbia, Kanada

Geboren
08.10.1959


Pearl Pedergnana politisierte von 1990 bis zu ihrer Wahl in den Stadtrat im Jahr 2010 im Grossen Gemeinderat. Aufnahme von 2010
Foto: winbib, Marc Dahinden (Signatur FotDig_Lb_004-210)

Beruflicher Werdegang

Pearl Pedergnana wurde am 8. Oktober 1959 in Penticton, (British Columbia, Kanada) geboren. Ihr Vater, Hermann Pedergnana, arbeitete damals im Okanagan-Valley als Erntearbeiter. 1964 zog die Familie zurück in die Schweiz. Nachdem Pearl Pedergnana 1977 in den USA ihren High School-Abschluss machte, absolvierte sie 1979 in der Schweiz die Maturität. Ab 1981 liess sie sich am Oberseminar in Zürich zur Primarlehrerin ausbilden. 1991 zog Pearl Pedergnana mit ihrer Familie in die Siedlung Hardau in Wülflingen. Bis 1994 arbeitete sie auf dem Beruf und wechselte dann in die Gesundheitsbranche, wo sie beim Aufbau von HMO-Gesundheitszentren beteiligt war und dann als Produktmanagerin bei der SWICA wirkte. Von 1999 bis zu ihrer Wahl in den Stadtrat im Jahr 2001 arbeitete sie beim Krankenkassenvergleichsportal comparis und machte gleichzeitig den Nachdiplomstudiengang «Executive Master of Social Insurance Management» an der FHS Zentralschweiz. 2014 gründete sie ihre Einzelfirma «Projekte, Politik und Management».

Politische Laufbahn

Pearl Pedergnana ist in einer politisch interessierten Familie aufgewachsen. Ihr Grossvater, Robert Wipf, war jahrelang bei der Winterthurer Arbeiterzeitung als Redaktor tätig und politisierte auch im Gemeinderat. Ihr Vater arbeitete als Sportjournalist und -redaktor beim Landboten. Anfänglich hätte Pearl Pedergnana sich einen Beitritt bei der Grünen Partei vorstellen können, doch schliesslich entschied sie sich 1984 für die Sozialdemokratische Partei (SP). Zuerst politisierte sie von 1990 bis 2001 im Grossen Gemeinderat. Von 1991 bis 1994 präsidierte sie die SP Winterthur.

«Frau Panorama P», «Pearl Pedalo», «Pörl Pedernannini» - der Wahlkrimi von 2001

Nachdem Stadträtin Aurelia Favre (SP) im Dezember 2000 ihren vorzeitigen Rücktritt bekannt gegeben hatte, liess sich Pearl Pedergnana als Kandidatin aufstellen, um den dritten Sitz der SP zu verteidigen. Ihr stärkster Gegner war der bekannte SVP-Nationalrat Jürg Stahl. Nachdem beide im ersten Wahlgang das absolute Mehr verpassten, kam es am 1. April 2001 zum zweiten Wahlgang. Als sich bei den verschiedenen Wahlbüros ein äussert knapper Sieg mit 37 Stimmen Vorsprung für Pearl Pedergnana abzeichnete, wurden Kontrollzählungen durchgeführt. Dabei kippte der Wahlausgang. Stadtpräsident und Wahlvorsteher Martin Haas informierte die Medien, dass Jürg Stahl mit nur einer einzigen Stimme Vorsprung die Wahl für sich entschieden hat. Die SP verlangte darauf eine Nachzählung, die jedoch vom Zentralwahlbüro abgelehnt wurde. Darauf legten die Partei und 10 Stimmberechtigte beim Bezirksrat eine Wahl- und Aufsichtsbeschwerde ein. Auch diese wurde vom Bezirksrat aus Mangel an Beweisen für Unregelmässigkeiten am 5. Juni abgewiesen. Der Entscheid wurde vor den Zürcher Regierungsrat gezogen. Dieser hiess die Wahlbeschwerde am 19. September gut und forderte die Stadt zu einer Nachzählung auf, die am 1. Oktober 2001 durchgeführt wurde.

Im Kontext der Nachzählung wurde viel über die Bewertung von falsch geschriebenen Wahlzetteln debattiert. So hatten viele Stimmberechtigte offenbar Mühe den Namen von Pearl Pedergnana richtig auf den Wahlzettel zu schreiben, was die Wahlbüros dazu veranlasste, diese Falschschreibungen eher grosszügig für gültig zu erklären. Gleich wurde auch mit ungenauen Stimmangaben für Jürg Stahl umgegangen. Problematisch und als ungültig erklärt wurden dabei potenzielle Verwechslungen mit dem damals amtierenden Finanzvorstand Reinhard Stahel. Letztlich kamen bei den Nachzählungen auch noch zwei falsch abgelegte Wahlstimmen zum Vorschein. So ging Pearl Pedergnana mit einer Stimme Vorsprung als Siegerin hervor. Die SVP verzichtete in der Folge darauf, das Resultat erneut anzufechten.

Pearl Pedergnana als Stadträtin

Im November 2001 konnte Pearl Pedergnana die Nachfolge von Aurelia Favre antreten und übernahm das Departement Schule und Sport. In ihre Amtszeit fiel die Einführung der Blockzeiten im Schulunterricht im Jahr 2003 und der Ausbau des ausserschulischen Betreuungsangebotes sowie der Frühförderung für benachteiligte Kinder. Hinzu kam die Umsetzung des kantonalen Volkschulgesetzes und den damit verbundenen Schulreformen, die sie klar befürwortete und mit hohem Tempo vorantrieb. Ebenso setzte sie sich für den Erhalt der Jugendsportförderung und die Sanierung der öffentlichen Badeanstalt ein.  Als Schulvorsteherin war Pearl Pedergnana immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt.

2010 wechselte die Magistratin überraschend ins Departement Bau und wurde damit die erste weibliche Bauvorsteherin in der Stadt Winterthur. In ihre Amtszeit fielen die Einigung mit Immobilliensammler Bruno Stefanini zur Entwicklung des Frohsinns-Areals in Wülflingen sowie die Erarbeitung eines neuen Agglomerationsprogrammes und des Städtischen Gesamtverkehrskonzepts. Weiter brachte sie das von ihrem Vorgänger aufgegleiste Pilzdach-Projekt beim Hauptbahnhof zum Abschluss und sorgte in den Quartieren durch die Einführung von Tempo-30-Zonen für eine Verkehrsberuhigung. Ebenfalls war sie an der Entwicklung von Neuhegi-Grüze zu einem neuen Stadtteil beteiligt. Stark umstritten war ihre neue Parkplatzverordnung.

Von 2012 bis 2014 war sie als Delegierte im Kongress der Gemeinden und Regionen Europas Teil des Europarates, wo sie unter anderem als Wahlbeobachterin in Mazedonien und Georgien wirkte. Bei der Gesamterneuerungswahl 2014 unterlag Pedergnana  gegen den SVP-Herausforderer Josef Lisibach und wurde abgewählt. Damit kam es zu einer bürgerlichen Wende im Winterthurer Stadtrat.

Persönliches Engagement

Auch nach ihrem Ausscheiden aus der Politik blieb Pearl Pedergnana vielseitig engagiert. Unter anderem bei der Pro Senectute Kanton Zürich, der Stiftung andante, der Pro Infirmis und im Förderverein für Nachbarschaftshilfe mit Zeitgutschriften Kanton Zürich.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Graf, Michael: Sie geht mit geradem Rücken, in: Landbote, 14.02.2014.
Gmür, Martin: Ganz normal verlief ihre Karriere nie, in: Landbote, 12.04.2014.
Leutenegger, Marc: Vier Jahre im Bau sind ihr nicht genug, in: Landbote, 23.12.2013.
Kirchheim, Eva/Herter, David: Eine Pragmatikerin mit Machtinstinkt, in: Landbote, 23.01.2010.
Fritsche, Peter: Krimi-Finale mit überraschender Wende, in: Landbote, 01.10.2001.

Bibliografie

    Pedergnana Bissig, Pearl, 1959-, Stadträtin

    • Einträge ab 2011

      Wulfilo im Gespräch mit Pearl Pedergnana. In: Wulfilo, Nr.3, Jg. 9 (2013), S. 3. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Stadtratskandidatin: Landbote 2000/298, 2001/28. - Tages-Anzeiger 2000/296, 300. - Stadtblatt 2001/7 m.Abb.
      Porträt: Stadtblatt 2002/2 1Abb. - Tages-Anzeiger 2002/20 1Abb. [Winterthurer Dok. 2002/6]. - Landbote 2002/20 1Abb. - Stadtanzeiger 2002/33 m.Abb.
      Stadtanzeiger 2002/33 m.Abb.
      Kritik: Tages-Anzeiger 2003/178 1Abb. [Winterthurer Dok. 2003/91].
      Landbote 2005/288 Interview, 1Abb.
      Tages-Anzeiger 2005/297 1Abb.
      Landbote 2010/18


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
17.11.2022