Kunst und Kultur

Jean Affeltranger

Malermeister, Künstler (1874–1955)

Jean Affeltranger war einer der ersten Impressionisten in Winterthur. Sein Schwerpunkt lag in der Landschaftsmalerei. Die Motive für seine Bilder fand er vorzugsweise in der Ostschweiz. Im Schulhaus Eichliacker und der Kirche Töss existieren noch heute Wandmalereien des Künstlers.


Sterbeort
Töss

Geburtsort
Töss

Geboren
22.04.1874

Gestorben
21.01.1955


Selbstportrait von Jean Affeltranger 1917.
Foto: winbib (Signatur 170053)

Vom Maler zum Künstler

Karl Johannes «Jean» Affeltranger wurde in Winterthur-Töss als ältester Sohn eines Malermeisters geboren und wuchs mit seiner Familie im «Chrugeler» auf. Schon in jungen Jahren half er jeweils im familieneigenen Malereigeschäft aus und zeigte darüber hinaus grosses künstlerisches Interesse. Die Schule in Töss behagte ihm hingegen nicht so und er mühte sich als mittelmässiger Schüler ab. Viel lieber hielt er sich im nahegelegenen «Restaurant Frieden» auf und zeichnete dort die jassenden Männer. Als er 15 Jahre war, starb überraschend sein Vater. Die Laufbahn des jungen Jean Affeltranger schien damit vorgezeichnet – er sollte den Malereibetrieb übernehmen und in die Fussstapfen seines Vaters treten. Bis er so weit war, sprang sein Bruder für ihn ein. Affeltranger besuchte derweil die Kunstabteilung am Technikum, wo er Unterricht bei Léon Pétua nahm. Zwischen seinem 17. und 19. Lebensjahr begab er sich auf seine Wanderjahre, wo er in verschiedenen Malergeschäften sein Handwerk verfeinerte. 1893 kehrte er in die Heimat zurück und übernahm erwartungsgemäss den Familienbetrieb, den er allerdings nur bis 1898 führte. 

Angeblich bei Malerarbeiten im ehemaligen Kloster Töss fasste er den Entschluss, sein Leben ganz der Kunst zu widmen. Ein Entscheid, der besonders bei seiner Mutter auf wenig Begeisterung und Unterstützung stiess, galt dies doch als brotloses Unterfangen. Trotz ihrem Widerstand gab Affeltranger das Malergeschäft auf und besuchte die Kunstakademie in München. Dort wurde er vom griechischen Maler Nikolaus Gysis und dem deutschen Landschaftsmaler Ludwig von Löfftz unterrichtet.

Einer der ersten Impressionisten Winterthurs

1902 musste er seinen Studienaufenthalt aufgrund einer schweren Erkrankung abbrechen. Es folgte ein Kuraufenthalt in Arosa. Dort gelangte er zur Überzeugung, dass das raue Klima in München ihm schadete, also schlug er ein attraktives Angebot für seine Rückkehr an die Akademie aus und blieb vorerst in der Schweiz. 1902 malte er für das neu errichtete Schulhaus Eichliacker in Töss zwei Fresken, die den Kindern die Geschichte des Ortes näherbringen sollten. Eines der Bilder zeigt die Kyburg und das andere das Kloster Töss. Danach bemühte er sich erfolgreich um ein Reisestipendium für Italien. Zwischen 1905 und 1906 bereiste er das Land mit längeren Aufenthalten in Genua und Rom. Künstlerisch zog er jedoch wenig Inspiration aus den italienischen Meistern. 1906 kehrte er in die Schweiz zurück und liess sich «in der Krinnen» in der Nähe von Wald nieder.

Dort wandte er sich intensiv der Landschaftsmalerei zu, die neben der Portraitmalerei zu seinen wesentlichen Schwerpunkten wurde. Immer wieder bereiste er mit dem Fahrrad oder zu Fuss das Tösstal und malte die Umgebung. Bald machte er sich mit seinen Landschaftsbildern einen Namen. Sein Markenzeichen wurden die sattgrünen Landschaftsbilder, die er mit einem violetten Farbton versah. Zwischen 1911 und 1913 wurden seine Werke auch auf grossen internationalen Ausstellungen in München und Rom gezeigt. Der Kanton Zürich und auch die Eidgenössische Kunstkommission begann Bilder anzukaufen und auch auf dem privaten Markt waren seine Bilder gefragt. Der Kunstmaler vernetzte sich und war 1916 Gründungsmitglied der Künstlergruppe Winterthur. Er war einer der ersten Impressionisten der Gruppe. Doch nicht nur Landschaften, Stilleben und Portraits zählten zu seinem Repertoire, sondern er gestaltete auch gerne Vereinsfahnen. Verschiedene Wandmalereien sind mit dem Abbruch der sie tragenden Häuser verschwunden, so etwa am «Schwarzen Adler» am Untertor 37 und am Restaurant «zur Post» an der Zürcherstrasse in Töss.

Unermüdliche Schaffenskraft bis ins hohe Alter

Erst im Alter von 46-Jahren und damit für seine Zeit ziemlich spät beendete Jean Affeltranger sein Junggesellendasein und heiratete 1920 Margrit Anneler, mit der er zwei Kinder grosszog. Jean Affeltranger blieb mit den Farben des Nordens verbunden und bereiste ab 1920 Belgien, Holland, Schweden und Dänemark. Unter den Eindrücken seiner Reiseerfahrungen verfeinerte er seine Technik und seinen Stil. Eine grosse Ehre wurde ihm zu Teil, als er 1929 im Auftrag der Firma Rieter zwei grosse Bildnisse für den Chor der frisch renovierten Kirche in Töss malen durfte. Seine Bilder zeigen arbeitende Menschen, spielende Kinder und das Himmelsreich. Zu seinem 60. Geburtstag leistete sich der umtriebige Künstler einen besonderen Luxus: Er kaufte sich einen Opel und bereiste mit seinem neuen Auto fortan die ganze Schweiz.  

Anlässlich seines 80. Geburtstags widmete die Künstlergruppe Winterthur ihm 1954 die Weihnachtsausstellung, wo er 44 Werke zeigte. Jean Affeltranger betrieb seine Kunst weiter, bis er am 13. Januar 1955 an den Folgen einer Lungenentzündung starb.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Archivalien
Stadtarchiv Winterthur, Nachlass Jean Affeltranger
Stadtarchiv Winterthur, Dossier Jean Affeltranger (Signatur PrA 10/2)

Literatur
Kägi, Hans: Jean Affeltranger gestorben, in: Neues Winterthurer Tagblatt, 22.01.1955.
Brunner, Ruodi: Jean Affeltranger achzigjährig, in: Der Landbote, 21.04.1954.
Heer, Gottlieb Heinrich: Jean Affeltranger, in: Für den Sonnntag. Beiblatt zum Neuen Winterthurer Tagblatt, 01.07.1934.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
11.09.2023