Kirchengebäude

Reformierte Kirche Töss

Gutenbergstrasse

Die reformierte Kirche Töss wurde 1855 erbaut, nachdem die ehemalige Klosterkirche nicht mehr genutzt werden konnte. In ihrer Grundgestalt hat sich die Kirche seit dem Bau kaum verändert. Die Gestaltung des Innenraums wurde jedoch mehrfach angepasst.


Baujahr
1855


Adresse
Gutenbergstrasse
8406 Winterthur

Nach der Auflösung des Klosters Töss im Jahr 1525 nutzten die Reformierten die ehemalige Klosterkirche als Gemeindekirche. 1833 kaufte die Firma Rieter das Gelände und baute es schrittweise zu Fabrikgebäuden um, bis 1853 auch die Kirche nicht mehr genutzt werden konnte. Vogelschau des Kosters um 1840.
Foto: winbib (Signatur 082475)

Die Kirche heute

Die reformierte Kirche Töss ist eine neugotische Saalkirche. Der Frontturm hat einen Spitzturmhelm, vier Ziffernblätter und Schallfenster im Glockengeschoss. Der Innenraum ist ein rechteckiger Predigtsaal mit einem kleinen Rechteckchor. Oberhalb der Täferung schmückt ein aufgemaltes Band mit neugotischen Blattranken den Raum.

Die ehemalige Klosterkirche als erste reformierte Kirche Töss

Die erste reformierte Kirche in Töss entstand im Dezember 1525. Nach der Auflösung des Klosters Töss entfernte man Altar und Bilder aus der Klosterkirche und nutzte sie für reformierte Gottesdienste. Das Dorf Töss, das ursprünglich zur Pfarrei Oberwinterthur gehört hatte, bildete nun eigene Kirchgemeinde. Die Klosterkirche war für die neugegründete Kirchgemeinde jedoch zu gross. Deshalb wurde der Bogen zwischen dem Chorraum (ehemaliger Gottesdienstraum der Nonnen) und dem Schiff (ehemalige Gemeindekirche) zugemauert und nur der Chor wurde für die Gottesdienste genutzt. Ab 1704 wurden die Gottesdienste in das kleinere Kirchenschiff verlegt, das zwischenzeitlich als Wagenschopf genutzt worden war. Der ehemalige Nonnenchor wurde durch den Einbau von Zwischenböden zu einem Getreidelager umgebaut.

Im Jahr 1833 erwarb die Firma Rieter die Liegenschaften des ehemaligen Klosters, um ihre Werkstätten für den Bau von Spinnereimaschinen zu vergrössern. Ursprünglich plante man, nördlich der Klostermauern eine neue Kirche zu bauen. Dies wurde jedoch trotz Zustimmung der Gemeinde nicht umgesetzt. Im Jahr 1853 waren die Umbauarbeiten im Kloster so weit fortgeschritten, dass die ehemalige Klosterkirche nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden konnte. Bis 1916 diente sie noch als Fabrikhalle, bevor sie abgerissen wurde.

Baugeschichte der Kirche Töss

Als Ersatz für die ehemalige Klosterkirche sollte eine neue Dorfkirche in Töss gebaut werden. Die treibende Kraft hinter diesem Anliegen war der damalige Dorfpfarrer von Töss, Wilhelm Corrodi (1798–1868). Die Kirchgemeinde forderte, dass der Kanton das Land für die Kirche und den Friedhof kauft und auch für den zukünftigen Unterhalt zuständig ist. Für den Kirchenbau wünschten sie sich einen hohen Kirchturm mit vier Glocken und vier Ziffernblättern sowie ein Kirchenschiff mit zwei bis drei Eingängen. Der Kanton stimmte zu und beauftragte den Architekten Johann Kaspar Wolff (1818–1891), Kantonsbaumeister des Kantons Zürich, mit dem Projekt. Als Standort wählte man ein Grundstück östlich des Dorfes, wo damals noch freies Feld war. Die Familie Rieter übernahm einen Viertel der Baukosten.

Am 11. Juli 1854 konnte mit dem Bau begonnen werden und nach einer Baupause im Winter 1854/55 wurde am 26. September 1855 der Schlussstein gelegt. Am 7. Oktober 1855 wurde die Kirche Töss feierlich eingeweiht. Der Innenraum war durch Elemente des klassizistisch-romantischen Historizismus geprägt, mit aufgemalten Blendgliederungen und Friesen.

Nicht lange nach dem Neubau mussten bereits erste Reparaturen am Dach durchgeführt werden. In den folgenden Jahrzehnten waren immer wieder grössere und kleinere Reparaturen im Innen- und Aussenbereich nötig. 1892 kam es zu einem Brand im Innenraum, vermutlich ausgelöst durch die neue Zentralheizung. 1898 wurde die Gipsdecke repariert und die künstlerischen Elemente im Innenraum in kräftigen Farben neu ausgemalt.

Im Jahr 1905 wurde die erste Orgel eingebaut. Das Instrument von Kuhn ersetzte das Pedalharmonium, das seit 1872 den Gemeindegesang begleitet hatte. 1969 ersetzte man die Kuhn-Orgel durch eine neue Rieger-Orgel.

Im Jahr 1926 übergab der Kanton Zürich die Kirche Töss an die Kirchgemeinde. Die Stadt Winterthur übernahm den grössten Teil des Platzes um die Kirche. Anlass für diesen Wechsel waren dringend nötige Unterhaltsarbeiten, für die der Kanton nicht mehr aufkommen wollte. Dafür zahlte der Kanton eine Loskaufsumme von 100'000 Franken. Unter der Leitung des Architekten Friedrich Schneebeli wurden die Innen- und Aussenwände gründlich renoviert. Zudem wurden Windfänge und eine elektrische Fussschemelheizung installiert. Die Dekorationsmalereien von 1898 galten als überholt, weshalb die Wände leer und ohne Farbe blieben. Dank einer Sammlung unter den Gemeindemitgliedern konnten in den folgenden Jahren im neu renovierten Innenraum zwei Wandgemälde des Tösser Kunstmalers Jean Affeltranger (1874–1955) realisiert werden. Er gestaltete auf den Wänden links und rechts des Torbogens zwei Bilder mit heimatlich-ländlichen Motiven: arbeitende Menschen, spielende Kinder und das Himmelreich. Bei dieser Renovation wurden auch neue Kirchenfenster eingebaut. Die Fenster aus der Glasmalerei Huber-Stutz & Co. in Zürich zeigen die Reformatoren Luther, Zwingli, Bullinger und Calvin.

Bereits im Jahre 1936 mussten wieder grösseren Innenrenovationen durchgeführt werden, um die Ausbreitung des Hausschwamms zu bekämpfen. Dieser war seit dem Bau der Kirche ein Problem. 1950 wurde die ursprüngliche Schuppenbedachung des Turms durch glatte Kupferplatten ersetzt, nachdem ein heftiges Gewitter erheblichen Schaden angerichtet hatte.

Die nächste umfassende Renovation fand von 1976 bis 1977 statt. Der Verputz und das Sandsteinmauerwerk waren in schlechtem Zustand und Heizung und elektrische Installationen mussten dringend modernisiert werden. Unter den Architekten Edwin Bosshardt und Robert Steiner wurde die Kirche innen und aussen vollständig erneuert. Die Decken- und Wandbemalung orientierte sich am ursprünglichen Konzept von 1855. Das neugotische Arkadenfries wurde im Siebdruckverfahren rekonstruiert. Die Gestaltung der Kirche sollte den Menschen Wärme und Geborgenheit vermitteln. Die Wandbilder von Jean Affeltranger, die auf Leinen gemalt worden waren, wurden in die Chorseitenwände verschoben. Die festen Bände wurden durch eine freiere Möblierung ersetzt, um den Raum für verschiedene Feierformen flexibel einrichten zu können. Im Zusammenhang mit diesen Umbauarbeiten wird das vierstimmige Geläut um eine Glocke erweitert. Die neu zweitkleinste Glocke im Geläut wurde durch eine Spendenaktion finanziert.

2010 erschien die Kirche nach einer umfassenden Innenrenovation in neuer Gestalt: Der Chor wurde um zwei Stufen erhöht und die Empore wurde zurückversetzt. Die gereinigten Fenster, die neu gestrichenen Wände und die aufgehellten Täfer lassen den Raum heller wirken. Der alte Holzboden wurde durch einen hellen Boden aus Kunststeinplatten ersetzt. Eine grosse Veränderung war der neue Keller unter der Kirche, wo Stühle gelagert und mit einem Warenlift direkt nach oben transportiert werden können.

Der Friedhof

Beim Bau der Kirche im Jahr 1855 wurde auch ein Friedhof angelegt. Weil die Bevölkerung anwuchs, wurde die Kirchenmauer im Jahr 1872 um 15 Meter nach Nordosten versetzt, um mehr Platz zu schaffen. Im Jahr 1899 wurde der Friedhof dann in das neu entstehende Quartier Nägelsee verlegt. Auf dem ehemaligen Friedhof bei der Kirche wurden Bäume gepflanzt.

Das Kirchgemeindehaus

Das Kirchgemeindehaus an der Stationsstrasse 3a wurde 1968 eröffnet. Gestaltet wurde der Betonbau vom Architekten Peter Leemann. Neue Aktivitäten wie Suppentage und Mütterberatung waren nun möglich. Auch konnte der grosse Saal während Umbauarbeiten in der Kirche für Gottesdienste genutzt werden.


Benutzte und weiterführende Literatur

Baumann, Katharina: Kirche Töss ist keine Raucherstube mehr. In: Der Landbote, 17.09.2010, S. 13.
Baumann, Katharina: 2,8 Millionen für die Kirche Töss. In: Der Landbote, 03.12.2008, S. 15.
Graf, Michael: Wie Rieter die reformierte Kirche «vertrieben» hat. In: Der Landbote, 20.09.2005, S. 15.
Widmer, Urs: Von der Klosterkirche zur Kirche Töss. Aus Anlass der 150 Jahre ref. Kirche Töss, Winterthur 2005.
Hinrikson, Heinz: 1855-2005. 150 Jahre reformierte Kirche Töss. Eine Vorortskirche und ihre Gemeinde, Winterthur 2005.
Von der Crone, Paul und Steiner, Robert: Die wiedererstandene reformierte Kirche Töss. In: Der Landbote, 23.09.1977, Beilage.
Kläui, Hans: Aus der Geschichte der Kirchgemeinde Töss. Gedenkschrift zum 100jährigen Bestehen der Kirche zu Töß, Winterthur 1955.

Bibliografie

    Reformierte Kirche Töss

    • Einträge 1991–2010

      Ökumenischer Mittagstisch. 25 Jahre: Kirchenbote Töss 1999/11.
      Männertag: Landbote 1999/144 Interview Pfarrer Christian Eggenberger, 1Abb.
      Oekumenischer Frauenzmorge. 20 Jahre: Landbote 2003/22.
      10. oekumenische Woche: Landbote 2004/19 m.Abb.
      Club 4, Programm für Kinder: Kirchenbote Töss 2006/5.
      Bau: Landbote 2006/81, 83 Leserbrief von Heinz Hinrikson, 1Abb.
      Innenraum. Renovation: Kirchenbote Töss 2007/3 von Christian Eggenberger, 1Abb., 20 1Abb. - Landbote 2008/283 1Abb. - Euses Blättli 2010/94 m.Abb.

    Reformierte Kirche Töss. Geschichte

    • Einträge ab 2011

      Speiser, Regina: Helge Fiebig ist seit 30 Jahren reformierter Pfarres in der Kirchgemeinde Töss. In: De Tössemer, Nr. 6 (2015). S. 5. m. Abb.
      Weber, Bruno: Hundert Zürcher Ansichten, Zürich 2017. S. 230-231. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      150 Jahre: Kirchenbote Töss 2005/1 von Helge Fiebig, 1Abb., 14. - Tössemer 2005/3 Die Anfänge bis zum Bau der Kirche, von Heinz Hinrikson, 1Abb.
      Glocken: Kirchenbote Töss 2005/12 von Heinz Hinrikson-Wepfer, 1Abb. - Kirchenbote Töss 2006/3 Geschenk Bild von Rudolf Mirer durch katholische Kirchgemeinde zum 150., von Christian Eggenberger, 1Abb.
      -- Bau: Landbote 2006/81, 83 Leserbrief von Heinz Hinrikson, 1Abb.
      Chorfenster. 95 Jahre: Kirchenbote Töss 2006/13 von Heinz Hinrikson-Wepfer, 1Abb.
      Kirchenmusik 1855: Kirchenbote Töss 2007/9, 10 Vom Vorsinger zur ersten Orgel, von Heinz Hinrikson-Wepfer, 1Abb.
      Glocken: Kirchenbote Töss 2007/18 von Werner Handschin

    Töss. Reformierte Kirche. Kirchgemeindehaus

    • Einträge 1991–2010

      Umbau: Kirchenbote Töss 2003/14, 2004/5 1Abb.
      Als Werktagskirche: Kirchenbote Töss 2004/6 1Abb.
      Stationsstrasse, altes Sigristenhaus. Umbau ? Kirchenbote Töss 2004/20 1Abb.
      Volkstanzgruppe. 10 Jahre: Kirchenbote Töss 2005/4


Autor/In:
Sarah Schmidt
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
08.04.2025