Politik

Peter Arbenz

Entwicklungshelfer, Flüchtlingsdelegierter, Stadtrat (FDP), 1937–2023

Peter Arbenz war von 1977 bis 1986 Mitglied des Stadtrats von Winterthur. Anschliessend ernannte ihn der Bund zum ersten Flüchtlingsdelegierten der Schweiz. Ab 1990 leitete er das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF). 1993 machte er sich als Berater für Strategieentwicklung und Unternehmensführung selbständig. 1994 war er als Generalinspektor der United Nations Protection Force (UNPROFOR) im ehemaligen Jugoslawien im Einsatz.


Geburtsort
Winterthur

Geboren
23.08.1937

Gestorben
03.09.2023


Peter Arbenz als Stadtrat, 1983
Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 170073)

Werdegang

Peter Arbenz wurde am 23. August 1937 geboren und wuchs im Neuwiesenquartier in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Schon früh engagierte er sich bei den Pfadfindern und knüpfte dort wichtige Kontakte. Nach dem Besuch des Gymnasiums an der Kantonsschule im Lee studierte er ab 1956 Politikwissenschaften an der Hochschule St. Gallen für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Dabei absolvierte er ein Auslandsemester an der London School of Economics. Nach dem Studium arbeitete er zuerst in der Organisationsabteilung der Firma Gebrüder Sulzer AG in Winterthur.

Einstieg in die Entwicklungsarbeit

Peter Arbenz reiste bereits während seines Studiums im Jahr 1957 im Auftrag des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) nach Budapest. Es folgten weitere Reisen nach Afrika. Ab 1962 engagierte er sich für Helvetas und leitete interimistisch ein Berufsbildungszentrum in Tunesien. Von 1964 bis 1967 stand er im Auftrag der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe der Aktion zur Wiedereingliederung tibetischer Flüchtlinge in Nepal vor. Von 1969 bis 1973 war er Geschäftsleiter von Helvetas. Danach wechselte er zurück in die Privatwirtschaft und arbeitete als Delegierter des Verwaltungsrates der Firma Hasler Handels AG. Gleichzeitig sass er von 1970 bis 1977 für die FDP im Grossen Gemeinderat. Gemeinsam mit anderen Parteikolleg:innen bereitete er die Fusion der Freisinnigen Partei mit den Winterthurer Demokraten vor.

Wahl in den Stadtrat

1977 wurde Peter Arbenz für die FDP in den Stadtrat gewählt und übernahm das Baudepartement. Seine Amtszeit war geprägt von einer intensiven Bautätigkeit. Grossprojekte wie der Neubau der Wülflinger und der Zürcher Unterführung sowie die Neugestaltung einer fussgängerfreundlichen Altstadt, die Umfahrung Reutlingen und die Sanierung der Wülflingerstrasse wurden realisiert. Weiter fielen der Bau des Theaters am Stadtgarten, des Alterszentrums Oberwinterthur, des Altersheims Brühlgut sowie die Erweiterung der Berufs- und Frauenfachschule (BFS) in seine Amtsjahre. Hinzu kamen zahlreiche Um- und Neubauten von Schulanlagen sowie die Bewilligung zur Errichtung der Parkhäuser über dem Bahnhof, beim Coop/Manor und im Zentrum Neuwiesen. Gleichzeitig fielen Langzeitprojekte wie die Erarbeitung eines neuen regionalen Richtplans, eines neuen kommunalen Gesamtplans und einer neuen Bau- und Zonenordnung in seine Amtszeit. Den Breitetunnel, für den er sich eingesetzt hatte, konnte er jedoch nicht umsetzen.

Militärkarriere

In der Armee diente Peter Arbenz als Generalstabsoffizier und als Kommandant des Motorisierten Füsilierbataillons 62, des Winterthurer Motorisierten Infanterieregiments 25 und - im Range eines Brigadiers - von 1989 bis zu ihrer Auflösung als Kommandant der Grenzbrigade 6.

Erster Flüchtlingsdelegierter der Schweiz

1986 berief Bundesrätin Elisabeth Kopp, die damalige Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Peter Arbenz nach Bern. Dort arbeitete er als erster Flüchtlingsdelegierter der Schweiz. Aus diesem Grund stellte sich Peter Arbenz nicht mehr zur Wiederwahl für den Stadtrat. 1990 wurde er Direktor des neuen Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF), wo er bis zu 400 Mitarbeitende führte. Kurz nach seinem Amtsantritt sah sich Arbenz heftiger Kritik ausgesetzt und erhielt in den Medien den Spitznamen «Asyl-Brigadier». 1997 zeichnete die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus ihn für sein Engagement mit dem Preis für Menschlichkeit aus.

 


Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): Interview mit dem D BA für Flüchtlinge Peter Arbenz zu seinem Amts-Rücktritt, Tagesschau Hauptausgabe vom 19.06.1993.

Weg in die Selbstständigkeit

1993 machte sich Peter Arbenz als Berater für Strategieentwicklung und Unternehmensführung selbstständig und übernahm wichtige Mandate. 1994 war er als Generalinspektor der United Nations Protection Force (UNPROFOR) im ehemaligen Jugoslawien im Einsatz. 1996 wirkte er in der Studienkommission Brunner für strategische Fragen des Bundes mit und sanierte im Auftrag von Bundesrat Kaspar Villiger die Eidgenössische Versicherungskasse. Zudem schuf er die Grundlagen für die Gründung der PUBLICA, der heutigen Pensionskasse des Bundes. 1998 beriet er den damaligen Schweizer Aussenminister Flavio Cotti während dessen Präsidentschaft der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Gleichzeitig engagierte er sich in rund 27 Gesellschaften als Verwaltungsrat und wirkte ehrenamtlich in mehreren Stiftungen und Vereinen mit.


Benutzte und weiterführende Literatur

Gmür, Martin: Ein streitbarer Geist mit weitem Blick, Nachruf, in: Der Landbote, 06.09.2023.
Sedioli, Claudia: «Hi, I’m General Arbenz», in: Winterthurer Jahrbuch 2016, S. 44 – 49.

Bibliografie

    Arbenz, Peter, 1937-2023, Stadtrat von Winterthur, Delegierter für das Flüchtlingswesen, Inspektor der UNO-Truppen

    • Einträge ab 2011

      Sedioli, Claudia: "Hi, I'm General Arbenz.". In: Winterthurer Jahrbuch 2016. S. 44-49. m.Abb.
      Kirchheim, Eva: Nachrufe. Peter Arbenz. In: Winterthurer Jahrbuch 2023. S. 188-189. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      In: Die Stadt Winterthur im 20. Jahrhundert, von Hans Schaufelberger, 1991.
      Rücktritt als Delegierter: Tages-Anzeiger 1992/299. - Landbote 1992/299, 1993/146. - NZZ 1993/148 S.21. - Schaffhauser Nachrichten 1993/150.
      Entwicklungshilfe-Direktor? Tages-Anzeiger 1993/91.
      Inspektor der UNO-Truppen Ex-Jugoslawien: Landbote 1994/70, 71, 111. - NZZ 1994/70 S.22, 111 S.21. - Zürcher Oberländer 1994/70.
      Sanierung der Pensionskasse des Bundes: Sonntagszeitung 1996/30 1Abb. [Winterthurer Dok. 1996/20].
      Mitglied IKRK: Landbote 1997/97.
      Rücktritt als Präsident Schw. Offiziersgesellschaft: Landbote 1997/134 Interview, 135.
      Präsident Toni AG: Landbote 1998/91, 94.
      In: Schweizer Familie 2001/28 von Denise Battaglia, m.Abb. [Winterthurer Dok. 2001/11]


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
10.10.2024