Kunst und Kultur

Erwin Schatzmann

Holzbildhauer, Maler, Kleidermacher und Philosoph, *1954

Erwin Schatzmann wurde 1954 in Pfäffikon geboren. Aufgewachsen ist er in Agasul, einem kleinen Weiler im Zürcher Oberland, auf einem Bauernhof. Seit 1979 ist Schatzmann als Maler und Holzbildhauer tätig. Sein «Phantastischer Heimatstil» ist nicht nur von der christlichen Tradition geprägt , sondern enthält auch viele Elemente der europäischen Volkskunst. Schweizweit bekannt wurde er 1999 mit der Waldeggsee-Initiative. Seit 2009 lebt er in Hegi, wo er mit «Morgenland Off Space» einen Ort zum Leben, Arbeiten und Ausstellen kreiert hat.


Geburtsort
Agasul

Geboren
24.08.1954


Erwin Schatzmann bei der Arbeit an der Felsenhofstrasse 2-4 in Veltheim, 15.6.1988.
Foto: winbib, Willi Reutimann, (Signatur FotLb_007878)

Kindheit- und Jugendzeit

Erwin Schatzmann wurde 1954 in Pfäffikon geboren. Er wuchs auf einem Bauernhof in Agasul, einem kleinen Weiler hoch über Winterthur, im Zürcher Oberland auf. Die Sekundarschule besuchte er in Illnau. Nach der Schulzeit machte Schatzmann eine kaufmännische Lehre und zog 19-jährig nach Winterthur.  

Ein Leben für die Kunst

Nachdem Erwin Schatzmann seine kaufmännische Lehre beendet hatte, reiste er durch Europa, die USA, Afghanistan, Nepal und Indien. In Indien verbrachte er insgesamt drei Jahre und schloss sich zeitweise Wandermönchen an. Beeindruckt vom asketischen Leben der Mönche, die sich ganz ihrer spirituellen Entwicklung widmeten, kam für Schatzmann nach seiner Rückkehr ein bürgerliches Leben nicht mehr in Frage und er beschloss 1979, er war damals 25-jährig, Kunstmaler zu werden. Zuerst stellte er Keramiken und Ölbilder her. Dass sich seine Werke auf Anhieb gut verkauften, motivierte den jungen Künstler zum Weitermachen und er begann im Wald aus Wurzelstöcken Kunstwerke zu schnitzen. Bald schon erhielt er erste Aufträge von Privatpersonen, die Interesse an seinen Holzskulpturen hatten. 

Mit seinen Holzskulpturen verfolgte Schatzmann von Anfang an das Ziel «Schönes zu schaffen». Dabei entwickelte er seinen ganz persönlichen «Phantastischen Heimatstil». Dieser ist geprägt von christlichen Symbolen und beeinflusst von Elementen der europäischen Volkskunst. Unter den farbig bemalten Holzskulpturen befinden sich neben Marienfiguren so auch Naturgöttinnen, Soldaten, Zwerge, Wurzelmänner, Waldgeister und viele verschiedene Tiere. 


Erwin Schatzmann sieht sich trotz seiner einzigartigen Kunst aber nicht als Einzelgänger. Bereits anfangs der 1980er Jahre betrieb Schatzmann an der Obergasse in Winterthur einen alternativen Ausstellungsraum, den er für die Allgemeinheit öffnete und der zum Treffpunkt wurde.

Die Waldeggsee-Initiative

Nationale Bekanntheit erlangte Erwin Schatzmann 1995 mit der Lancierung der Waldeggsee-Initiative, die zum Ziel hatte einen fünf Hektar grossen und bis 10 Meter tiefen künstlichen See auf dem Gebiet zwischen der Waldeggestrasse und dem Waldeggweg im Stadtkreis Mattenbach zu errichten. Schatzmann wollte damit nicht nur ein Erholungsgebiet für die Menschen, sondern auch Raum für Pflanzen und Tiere schaffen. Nachdem die technische Machbarkeit abgeklärt und auf 18 Millionen veranschlagt worden war, lehnte der Stadtrat die Initiative aus Kostengründen ab. Die Winterthurer Bevölkerung folgte seiner Empfehlung und verwarf 1999 mit 20'651 Stimmen zu 6989 Stimmen das Vorhaben an der Urne. Trotz der Niederlage machte sich Erwin Schatzmann auch später für die Errichtung gemeinschaftlicher Orte in der Natur stark. 

Morgenland Off Space

Nachdem Schatzmann 12 Jahre auf dem Aeschbach-Areal in Hegi gearbeitet und gelebt hatte, verkaufte die Aschbach AG das Land und Schatzmann musste das mehrere hundert Quadratmeter grosse Areal räumen. Die Suche nach einem neuen, geeigneten Areal, wo auch seine meterlangen Baustämme und seinen Holzskulpturen genügen Platz haben, gestaltete sich schwierig. 2009 fand er das passende Grundstück gleich gegenüber seines damaligen Wohn- und Arbeitsortes an der Hegibergstrasse. Die Besitzerin des 900 Quadratmeter grossen Grundstücks, die Stadt Winterthur, überliess Schatzmann die Wiese, für 30 Jahre im Baurecht. Was mit einem Container begonnen hatte, wurde im Laufe der Jahre nicht nur zu einem Konglomerat aus offenen Stuben, Gängen und kleinen Plätzen, sondern zu einem Gesamtkunstwerk. 


Für den Bau von «Morgenland Off Space» verwendete Schatzmann in erster Linie gebrauchte Baumaterialien. Zudem befindet sich in den vom Künstler gestalteten Räumen neben seinen unzähligen Kunstwerken auch viel Sammelgut. Vieles, das anders wo auf den Sperrmüll wandert, wie Niklausbilder, Postkarten, Uniformknöpfe oder auch Spielzeug, findet Schatzmann auf Flohmärkten oder in Brockenhäusern. Es wird von ihm aber nicht nur gesammelt und neu arrangiert, sondern auch bemalt, umfunktioniert und «schatzmanisiert». So auch seine Kleider, die er alle selber und unter anderem auch aus alten Unifromen schneidert. Mit «Morgenland Off Space» hat Schatzmann nicht nur ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft , sondern auch ein Gesamtkunstwerk geschaffen.

Während einiger Jahre diente das «Morgenland Off Space» Schatzmann auch als Veranstaltungsort für die Reihe «Artgerechte Haltung», wo er unterschiedliche Menschen zusammenbrachte und mit ihnen Feste feierte. 

Sätze, Zitate und Sprüche

Neben seinem künstlerischen Schaffen schreibt Erwin Schatzmann Aphorismen, Kurzgeschichten und verfasst Statements zu religiösen, philosophischen und geistigen aber auch gesellschaftlichen und politischen Themen. Sätze, Zitate, Sprüche, Gedanken und Einsichten, die ihm durch den Kopf gehen, schreibt er spontan auf seiner Schreibmaschine nieder. Die Papierbögen schneidet er dann in Streifen, welche er wiederum aufklebt und einrahmt.

Ein Teil der gesammelten Sätze, diese geben einen guten Einblick in seine Gedankenwelt, erschienen 2015 in  «Unverblümt – aphoristische Denkprosa», ein Bildband mit aphoristischer Prosa. Darin widmet er sich folgenden elf Bereichen: Leben, Liebe und Tod, Religion und Politik, Kunst, Architektur und Kleidung. 

Ausstellungen, Orden und Preise

Erwin Schatzmann nahm an verschiedenen Gruppenausstellungen teil wie im oxyd Kunsträume (2006) oder im Kulturort Galerie Weiertal (2009). 2010 hatte er seine erste institutionelle Einzelausstellung in der Kunsthalle Winterthur. 2011 stellte er an der Dezemberausstellung im Kunstmuseum Winterthur aus und 2011 im Kunstkasten Winterthur und auf Museum Schloss Kyburg. 2013 wurde Erwin Schatzmann von der Generalversammlung der Künstlergruppe Winterthur in die Künstlergruppe Winterthur aufgenommen. 2023 verlieh ihm die Carl Heinrich-Ernst Stiftung den Kunstpreis (2023). 


Benutzte und weiterführende Literatur

Kaiser, Christian: Der Generator der Herzenskraft, in: reformiert, 13.10.2023
Portmann, Sandro: Ein See mit Stolpersteinen, in: Winterthurer Zeitung, 24.8.2023
Ein Orden für Erwin Schatzmann, 12.11.2022
Felix, Christian: Nur die Seensucht bleibt, in: Winterthurer Zeitung, 23.6.2022
Cavegn, Lucia Angela: Erwin Jakob Schatzmann. Künstler – Philosoph – Generator. in: Schatzmann, Erwin Jakob: Unverblümt. Aphoristische Denkprosa, Edition Zeitpunkt, Solothurn, 2015.
Hoster, Alex: Reise in Schatzmanns Gedankenwelt, in: Der Landbote, 12.10.2015.
Plüss, Mirko: Schatzmann bleibt im Morgenland, in: Der Landbote, 6.2.2014.
Hoster, Alex: Vom All über Agasul nach Oberwinterthur, in: Landbote, 4.11.2011.
Cavegn, Lucia Angela: Ein Leben als Gesamtkunstwerk, in: NZZ, 3.9.2010.
Peege, Christina: Ein bunter Beitrag zum Fest des Lebens, in: Der Landbote, 21.8.2010.
Landolt, Karin: Stadt offeriert Schatzmann Areal, in: Der Landbote, 23.5.2008.
Landolt, Karin: Künstlerparadies muss weichen, in: Landbote, 18.8.2007.

Bibliografie

    Schatzmann, Erwin, 1954-, Künstler

    • Einträge ab 2011

      Feurer, Erwin: Grosse Kunst in Winterthur. Com Media Vision AG, Egnach, 2013. 515 S., ill.
      Kunst im Wald - und mit dem Wald. In: Andelfinger Zeitung, Nr. 71 (2019). S. 7. m.Abb.
      Künstler, Tempeldiener, Hauswart - ein Besuch im Morgenland. In: Elsauer Zytig, Nr. 235 (2020). S. 1-4. m.Abb.
      Lehmann, Rebecca: Erwin Schatzmann. In: Coucou, Nr. 92 (2020). S. 22-27. m.Abb.
      16. Eularius Lapidarius. In: 84XO - Die neue Wochenzeitung, Nr. 4 (2022). m.Abb.
      Bürgisser, Thomas: Das Zuhause als Kunstwerk. In: wohnen, extra, Nr. 3 (2023). S. 9-11. m.Abb.
      Kaiser, Christian: Der Generator der Herzenskraft. In: reformiert, Nr. 19 (2023). S. 8. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Winterthurer Arbeiterzeitung 1992/156 1Abb. - Weinländer Zeitung 1992/81 von Kurt Zimmermann, m.Abb.
      Winterthurer Woche 1995/19 m.Abb.
      "Effi Saurus", Effretikon: Landbote 1995/226.
      Waldeggsee: Tages-Anzeiger 1996/57.
      Bonus 1996/92 [Winterthurer Dok.1996/22]. - Zivilschutz W. 1996 1Abb.
      Lebensbaum: Landbote 1997/206 1Abb.- Stadtblatt 1997/130.
      Interview: Spots 1997/51.
      Sitzbank am Stauffacher: Landbote 1998/140 1Abb. --. Skulptur "Wolfsmilch" Schwimmbad Wolfensberg: Winterthurer Arbeiterzeitung 1999/20 von Erwin Schatzmann. - Gallispitz 1999/2 Nr. 101 m.Abb.
      Stadtanzeiger 2000/34.
      Ausstellung in Hagenstal: Landbote 2000/213.
      Ausstellung Elsau: Landbote 2001/192 1Abb.
      Ausstellung Jona: Landbote 2007/131 von Christina Peege, m.Abb.
      Autowerkstatt anstatt Atelier und Wohnhaus: Landbote 2007/190 1Abb., 2008/183
      Bank bei der Stadtkirche: Tages-Anzeiger 2008/130 1Abb. - Landbote 2008/130 1Abb., 148, 201 Leserbrief von Bendicht Fivian, 1Abb.
      Neuer Ort: Landbote 2008/254, 2010/179 1Abb.
      Ausstellung Kunsthalle Waaghaus: Winterthurer Dok.2010/11 Schatzmanisierung, von Oliver Kielmayer, m.Abb. - éb 2010/193 von Christina Peege, m.Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
19.12.2023