Sport- und Freizeitanlagen

Schwimmbad Wülflingen

Wässerwiesenstrasse 71

Das Schwimmbad Wülflingen eröffnete am 1. Juli 1967 als viertes Freibad in Winterthur. Die grosszügige Saunaanlage und das seit 1991 bestehende Rugelihuus sind besondere Merkmale der Anlage.


Baujahr
1967

Totalsanierung
2005


Adresse
Badi Wülflingen
Wässerwiesenstrasse 71
8408 Winterthur

Fotomontage der Schwimmbadanlage Wülflingen um 1968
Foto: winbib (Signatur 111795)

Schwimmbäder statt verschmutzter Gewässer

1962 begann die Stadt Winterthur mit den Vorarbeiten für den Bau eines Schwimmbades in Wülflingen. Das städtische Gesundheitsamt setzte sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges für den Bau von öffentlichen Schwimmbädern ein. Das Baden erfreute sich nach dem Krieg immer grösserer Beliebtheit, und es wurden immer wieder Forderungen nach Schwimmbädern laut. Bis dahin badeten die Einheimischen vorzugsweise in der Eulach und in der Töss. Bei letzterer achtete die Wülflinger Jugend darauf, dass sich keine Personen aus Veltheim in «ihr» Territorium verirrten. Die Mühlewuhr und der Kanal bei der Wespimühle beanspruchten sie ganz für sich.

Das Gesundheitsamt unterstützte den Bau aus einem anderen Grund: Die meisten Gewässer im Zürcher Unterland waren aufgrund fehlender Abwasserentsorgungsanlagen und Umweltschutzmassnahmen so stark verschmutzt, dass das Baden in den Flüssen und Seen nicht mehr verantwortbar war. Öffentliche Badeanlagen hingegen versprachen sauberes Wasser und galten in Kombination mit frischer Luft und Licht als gesundheitsfördernd. Die beiden bestehenden Schwimmbäder Geiselweid und Wolfensberg hatten zudem ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Für die Lernenden aus den ehemaligen Aussengemeinden ergaben sich lange Schulwege bis zum Schwimmunterricht.

Bereits 1947 hatte das Gesundheitsamt dem Grossen Gemeinderat ein Bauprogramm für die öffentlichen Schwimmbäder vorgelegt. Die Umsetzung verzögerte sich jedoch wegen anderer grosser öffentlicher Bauprojekte um mehrere Jahre. Erst 1957 baute die Stadt in Oberwinterthur das erste moderne Schwimmbad in einem Aussenquartier. 1967 folgte Wülflingen und erst 1970 Töss.

Gescheiterte Vision eines Gemeinschaftsbades

Ursprünglich plante die Stadt eine grosse gemeinsame Badeanlage für Wülflingen und Töss im Schlosstal. Der Stadt gelang es jedoch nicht, die dafür nötigen privaten Bauparzellen zu erwerben. Stattdessen sollten nun zwei separate Schwimmbäder entstehen. In Wülflingen konnte sich die Stadt das Wässerwiesen-Areal für den Bau sichern, das auch namensgebend war. 

Bundesrat verzögert Umsetzung

1963 wurde die Schwimmbadgenossenschaft Wülflingen gegründet. Weil die Zeit drängte, äusserte die Mehrheit der Generalversammlung den Wunsch, auf einen öffentlichen Bauwettbewerb zu verzichten. Stattdessen sollte direkt das Winterthurer Architekturbüro E. Badertscher beauftragt werden, das sich bereits mit dem Bau von Schwimmbädern einen Namen gemacht hatte.

Die 1960er-Jahre standen ganz im Zeichen des Autobahnbaus. Dieser erforderte viele Arbeitskräfte. Gleichzeitig waren die Arbeitsbewilligungen für ausländische Arbeitswillige kontingentiert. Dies führte zu einer Überhitzung der Baubranche. Durch den Mangel an Arbeitskräften stockte der Wohnungsbau, was zu einer massiven Wohnungsknappheit führte.  Deshalb griff der Bund 1964 lenkend ein und erliess einen sofortigen Baustopp für alle nicht notwendigen Bauvorhaben. Betroffen war auch das Schwimmbad Wülflingen.

Architektur

Die Badeanlage samt Parkplätzen hat eine Fläche von 21’270 m² und entspricht etwa der Grösse von Oberwinterthur. Die Kosten betrugen rund 3 Millionen Franken. Die Anlage umfasst ein kombiniertes Schwimmer- und Sprungbrettbecken, ein Lehrschwimmbecken und ein Nichtschwimmerbecken. Zudem verfügt das Schwimmbad Wülflingen über zwei Garderobentrakte. Der Garderobentrakt für Frauen ist zweigeschossig angelegt und enthält zusätzlich die Filteranlage, die Wohnung für das Badpersonal, ein Selbstbedienungsbuffet und eine grosszügige Saunaanlage.

Da es im Raum Wülflingen zu wenige Zivilschutzanlagen gab, liess die Stadt das Schwimmbad unterkellern und statte es mit einem Sanitäts- und Blockchefposten sowie einem Schutzraum aus.

Ursprünglich waren die Schwimmbecken durch einen Metallzaun von den Liegewiesen abgetrennt. Wer in das Wasser wollte, musste zuerst an den obligaten Duschen vorbei, die sich aufgrund ihres kalten Wassers nicht sonderlich grosser Beliebheit erfreuten. Abhilfe schaffte eine 1979 errichtete Sonnendusche, die einen Warmwassertank hatte. Weil es auf dem Areal selbst noch keine ausgewachsenen Bäume gab, baute der erste Bademeister an verschiedenen Stellen schattenspendende Holzkonstruktionen auf.

Hohe Frequenzen überfordern Infrastruktur

Am 1. Juli 1967 nahm das Schwimmbad Wülflingen als viertes Freibad in Winterthur den Betrieb auf und erfreute sich sofort grosser Beliebtheit. Allerdings stiess die vorhandene Infrastruktur bald an ihre Grenzen. Bereits 1969 beanstandete die Schwimmbadgenossenschaft einen Baumangel bei der Saunaanlage. Diese wurde damals täglich von durchschnittlich 40 bis 50 Personen ganzjährig genutzt. Dadurch waren die Duschanlagen praktisch im Dauerbetrieb, was dazu führte, dass die Lüftung nicht mehr mithalten konnte und in den Garderoben ständig ein drückender Wasserdampf herrschte, der zur Schimmelbildung führte. Die Saunaanlage erlebte ihre Hochblüte zwischen 1970 und 1975 und wurde bereits 1977 zum ersten Mal umfassend saniert. 

Ebenso litten die Böden in den Schwimmbecken bereits nach drei Jahren unter hartnäckiger Algenbildung, weil im Beton tiefe Furchen und Risse entstanden waren. Algenbildung ist mitunter ein Grund, weshalb manche Schwimmbecken über eine Chromstahlverkleidung verfügen. Eine solche erhielt Wülflingen im Rahmen der Totalsanierung im Jahr 2005.

Schwimmbad rutscht in die roten Zahlen

Nach erfolgreichen Startjahren erlebte die Schwimmbadgenossenschaft 1972 einen Rückgang der Besuchenden um 18'000 Personen. Grund dafür waren unter anderem die Eröffnung des Schwimmbades Töss und ungünstige Witterungsbedingungen. Um die Besucherströme zu steigern, wollte die Genossenschaft eine Wasserheizung einbauen lassen. Dieses Anliegen war jedoch aus Kostengründen politisch chancenlos. 1979 rutschte das Schwimmbad erstmals in die roten Zahlen. Das war ein Zustand, der die Schwimmbadgenossenschaft auch in den 1980er-Jahren regelmässig umtrieb.

Blockhütte und Kinoleinwand ziehen neue Besuchende an

In den 1990er-Jahren setzte sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Freibäder sich nicht nur durch den Badebetrieb über Wasser halten können. Zu oft sorgte schlechtes Wetter für ein Ausbleiben der Badegäste. 1990 bewilligte der Stadtrat einen Kredit von 150'000 Franken für die Errichtung einer Blockhütte. Das sogenannte «Rugelihuus» ist in Winterthur einzigartig. Vereine, Firmen und Privatpersonen können die Hütte für gesellschaftliche Anlässe mieten. Wer die Hütte mietet, erhält zudem einen kostenlosen Eintritt ins Schwimmbad.

Eine zweite grosse Neuerung bot ab 1995 die Openair-Veranstaltung «Kino am Pool», die von Martin Kaiser, dem damaligen Programmchef der Musikfestwochen, lanciert wurde und bis 2006 jährlich im Schwimmbad Wülflingen stattfand. Weil die Schwimmbadanlage im Jahr 2005 einer Totalsanierung unterzogen wurde und es auch einige personelle Veränderungen gab, entschied die Schwimmbadgenossenschaft, die Grossveranstaltung im Jahr 2006 ausfallen zu lassen. Danach versuchte sich das Kino am Pool an unterschiedlichen Standorten und kehrte dann 2011 ein letztes Mal ins Schwimmbad Wülflingen zurück. 

Kahlschlag in der Badi

Nachdem 2005 die gesamte Anlage saniert wurde und wieder in neuem Glanz erstrahlte, folgte 2017 der Kahlschlag: Die Stadt fällte fünf alte Bäume auf dem Schwimmbadgelände. Grund waren Sanierungsmassnahmen der Abwasserkanäle, die entlang der Töss verlaufen. Das Schwimmbadareal befand sich dabei auf der Bauachse. Die Schwimmbadgenossenschaft nutzte die Bauarbeiten, um das betroffene Areal danach zu erneuern. 

Mit der Totalsanierung bekam die Badi auch eine neue Attraktion – eine Wasserrutsche. Ebenfalls besitzt die Badi Wülflingen einen kleinen Teich, wo die beiden Schildkröten Zeus und Amadeus als offizielle Badi-Haustiere leben.

Kunst am Bau

Die Kunstkommission beauftragte den international bekannten Zürcher Bildhauer Hans Aeschbacher (1906–1980) mit der Erstellung einer Freiplastik. Er war in seinem künstlerischen Schaffen an einen Punkt gelangt, an dem er grössere Skulpturen fertigen wollte. Seine beiden ersten Entwürfe für eine sieben Meter hohe Skulptur wurden jedoch zuerst abgelehnt, weil sie der Kommission zu monumental erschienen. Schliesslich war die Kommission jedoch überzeugt, dass eine hohe senkrechte Freiplastik einen idealen Kontrast zu den eher niedrigen Schwimmbadgebäuden darstellen würde. Auch das Baumaterial sorgte für Diskussionen: Beton, Kunststein und Bronze standen zur Auswahl. Hans Aeschbacher befürwortete Eisenbeton, da die gesamte Badeanlage überwiegend aus diesem Material bestand und er daraus die Formen befreien wollte, die ihm innewohnen. Auch die Stadt fand diese Lösung attraktiv, da sie wesentlich günstiger war als Bronze oder Kunststein.

Schliesslich einigte man sich 1968 auf eine Skulptur aus Eisenbeton mit den Massen 7x3.5x3.5 Meter. Das Betonskelett besteht aus drei rechtwinklig kreuzenden Elementen, die von der AG Baugeschäft Wülflingen (heute bwt Bau AG Wülflingen) gegossen wurden.


Benutzte und weiterführende Quellen und Literatur

Archivalien
Stadtarchiv Winterthur, Baudossier Schwimmbad Wässerwiesen (Signatur A40/95.1)
Stadtarchiv Winterthur, Baudossier Schwimmbad Wässerwiesen (Signatur A40/95.2)

Literatur
Stoffel, Deborah: Die fünf Winterthurer Freibäder unter der Lupe, in: Der Landbote, 19.07.2017.
Schöni, Tina: 50 Jahre Badi-Geschichte, in: stadi-online, 06.07.2017.
hpk.: Sonnendusche im Schwimmbad Wülflingen, 14.07.1979.
E.H.: Schwimmbad Wülflingen: Keine Wasserbeheizung, 08.06.1973.
R.R.: Besuchsrückgang im Schwimmbad Wülflingen, in: Neue Zürcher Nachrichten, 01.06.1972.

Bibliografie

    Schwimmbad Wülflingen

    • Einträge 1991–2010

      Blockhaus. Einweihung: Weinländer Zeitung 1991/71 1Abb., 102 1Abb. - Wülflinger Zytig 1991/10 1Abb.
      25 Jahre: Weinländer Zeitung 1993/95 1Abb., 99. - Landbote 1993/193.
      30 Jahre: Wülflinger Dorfspatz 1997/3 1Abb.
      Sanierung: Bäderlandschaft: Landbote 2005/119 1Abb. - Wulfilo 2005/2 m.Abb., 3 m.Abb.
      40 Jahre: Wulfilo 2007/3


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
09.10.2024