Sport- und Freizeitanlagen

Schwimmbad Töss

Auwiesenstrasse 45

Das Schwimmbad Töss nahm in der Sommersaison 1970 als fünftes und letztes öffentliches Freibad den Betrieb auf. Es war das erste Freibad in Winterthur mit eingebauter Gasheizung. Gebaut wurde die Anlage von den Architekten Knecht & Habegger.


Baujahr
1968-1970


Adresse
Schwimmbad Auwiesen-Töss
Auwiesenstrasse 45
8406 Winterthur

Die Bevölkerung von Töss musste in Winterthur am längsten auf die eigene Badi warten, nämlich bis 1970. Seither suchen jährlich zehntausende Besuchende dort nach Abkühlung. 
Foto: winbib, Giorgio Wolfensberger (Signatur FotDig_WolfG_0278)

Der lange Weg zum «Tössemer Schwümbi»

Nach dem Ersten Weltkrieg stieg in der Schweiz die Nachfrage nach Freibädern stark an. Auch die Tössemerinnen und Tössemer suchten regelmässig Abkühlung in der nahegelegenen Töss – trotz starker Verschmutzung durch die Industriebetriebe Rieter und Neumühle. Schon bald wurde der Ruf nach einem Schwimmbad laut. 1928 gründeten die Quartiervereine Nägelsee und Töss eine Schiwmmbadkommission. Baumeister Heinrich Leemann verkaufte der Stadt damals ein rund 6000 Quadratmeter grosses Areal unter der Bedingungen, dass dort ein Schwimmbad entstehen sollte. Der Winterthurer Architekt Hermann Julius Siegrist erarbeitete im Auftrag der Schwimmbadkommission ein Projekt – doch mitten in der Wirtschaftskrise und angesichts knapper städtischer Finanzen hatte das Vorhaben politisch keine Chance. Zudem beanspruchte die SBB das Land für den Ausbau ihres Rangierbahnhofs. Auch der Verlauf der zukünftigen Autobahn A1 war noch unklar, und die Nordostschweizerische Kraftwerke AG (NOK) erhob später ebenfalls Landansprüche – es folgten also zähe Verhandlungen.

Kanalbad als Übergangslösung

Die Stadt plante zunächst ein Schwimmbad bei der Schützenwiese, das jedoch nie realisiert wurde. Um der lokalen Bevölkerung dennoch eine Bademöglichkeit zu bieten, liess der Tössemer Stadtpräsident Hans Widmer (DP) den Fabrikkanal zu einem Strandbad ausbauen. Viele Schulklassen und Anwohnende nutzten das Bad. Doch eine Fehlplanung beim Beckenausbau führte zur Bildung dicker Schlammschichten und das Wasser war nach wie vor stark verschmutzt und mit Algen bedeckt, was häufig zu Hautirritationen führte. Ab 1947 machte der Tössemer Lokomotivführer und Kreisschulpfleger Hermann Schneider in Zeitungsartikeln immer wieder auf die Missstände aufmerksam.

Ein Aktionskomitee entsteht

1958 gründete Schneider mit Gleichgesinnten das Aktionskomitee für die Gründung einer Schwimmbadgenossenschaft. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, riefen sie und andere Sozialdemokraten auch gleich die Quartierzeitung «De Tössemer» ins Leben. Die erste Herausforderung bestand in der Standortsuche: Die Eigentümer der Neumühlenwiese sowie die SBB hatten eigene Interessen und die Stadt favorisierte damals ein Projekt für ein grosses Freibad im Schlosstal. Damit hätten Wülflingen und Töss ein gemeinsames Schwimmbad in der Grössenordnung des Geiselweids erhalten sollen. Die Tössemer und auch Wülflinger stimmten diesem Plan nur zögerlich zu, denn beide Stadtteile wünschten sich je ein eigenes Bad: Wülflingen auf der Wässerwiese, Töss auf der Äusseren Wyden. Nachdem die Verhandlungen um das Schlosstalareal gescheitert waren, erklärte der Tössemer Stadtrat Franz Schiegg (SP) im Jahr 1963, dass die Stadt nun auch zwei unabhängige Quartierschwimmbäder realisieren möchte.  

Gründung der Schwimmbadgenossenschaft

Am 15. November 1963 fand die Gründungsversammlung der Schwimmbadgenossenschaft Töss statt – mit rund 100 Teilnehmenden, darunter die Stadträte Othmar Hüssy (Dem.), Albert Schätti (SVP) und Franz Schiegg (SP). 1965 schrieb die Stadt einen Projektwettbewerb aus, den der Architekt Franz Habegger für sich entschied. Wegen Überhitzung im Bausektor unterstellte der Bundesrat jedoch alle «Luxusbauten» – auch Schwimmbäder – einer Bewilligungspflicht, wodurch sich das Projekt bis 1966 verzögerte. Zudem hatte die Genossenschaft Mühe, Mitglieder zu gewinnen und Spenden zu sammeln. Neidisch blickte man nach Wülflingen, über deren Projekt bereits 1966 abgestimmt werden konnte.

Die Baumaschinen fahren auf

1967 legte Habegger dem Stadtrat einen Kostenvoranschlag von 4.2 Millionen Franken vor. Nach der fast schon obligaten Kürzungsrunde waren es noch 3.8 Millionen. In der Volksabstimmung wurde der Baukredit für das Schwimmbad Töss mit 9947 Ja- zu 3075 Neinstimmen angenommen. Am 25. November 1968 rollten endlich die Baumaschinen an. Die Genossenschaft setzte erfolgreich der Einbau einer Gasheizung durch. Damit konnte das Wasser konstant auf 23°C gehalten werden. Aufgrund des schlechten Baugrunds zogen sich die Bauarbeiten in die Länge, doch am 18. Juli 1970 war es soweit und Präsident Hermann Schneider konnte das Schwimmbad Töss feierlich einweihen.

Die ersten Betriebsjahre

Die Bevölkerung nahm ihr neues «Schwümbi» begeistert in Besitz. Dank der Gasheizung konnte die Saison sogar verlängert werden. Dennoch schloss das erste Betriebsjahr mit einem Defizit von über 20'000 Franken. Die Stadt zeigte sich wenig begeistert von diesem Defizit – aber glücklicherweise sprang die Firma Rieter ein, die damals gerade ihr Jubiläum feierte und beschenkte das Schwimbad mit einer Spende von 25'000 Franken. Die übrigen 5000 Franken waren schnell aufgebraucht, denn die Anlage gab Anlass zu Sorgen:  Undichte Leitungen verursachten Wasserverluste, im Restaurant zog es und die Garderoben waren zu kalt – beides wurde schnell behoben.

1972 war ein sehr gutes Badejahr – trotz frostigem Saisonstart. Neu wurde stadtweit eine Badekappenpflicht eingeführt, um die Wasserfilter zu schützen. Die Genossenschaft weibelte derweil für eine ÖV-Anbindung, denn weder das Quartier Auwiesen noch das Dättnau waren erschlossen. 1974 trat Hermann Schneider als Präsident zurück und schenkte dem Schwimmbad zum Abschied eine grüne Froschstatue.

Auch in den nachfolgenden Jahren schrieb die Schwimmbadgenossenschaft rote Zahlen, was von Seiten der Stadt für Kritik sorgte. Insbesondere die hohen Personal- und Heizkosten wurden bemängelt. Letztere sollte deshalb sogar stillgelegt werden, was heftige Proteste auslöste: Die Heizung galt als Existenzgrundlage, denn andere Freibäder erlebten bereits, wie viele ihrer Gäste bei kühleren Temperaturen ins neueröffnete Hallenbad Geiselweid abwanderten. Die Schwimmbadgenossenschaft konnte sich mit ihren Anliegen durchsetzen.

In den 1980er-Jahren häuften sich bauliche Probleme. Die Sauna galt als zu klein, war aber beliebt. Ab 1983 gab es erstmals einen gemischten Saunatag – was zu Diskussionen führte. In der Nacht auf den 9. Juli 1983 verübten Unbekannte Farbanschläge auf mehrere Schwimmbäder. In Töss musste das Bassin über Nacht geleert und gereinigt werden – mit Hilfe der Feuerwehr.

Heizung verbrannt – Streit entflammt

1986 gab die Gasheizung ihren Geist auf und fing Feuer. Die Stadt lehnte darauf jegliche Reparaturmassnahmen ab, da der Bundesrat zu jener Zeit schweizweit Energiesparmassnahmen verordnet hatte. In Töss gingen darob die Wogen hoch. Der Schwimmbadgenossenschaft gelang es darauf, genügend Spenden von der Tössemer Bevölkerung und den lokalen Firmen zu erhalten, um die Gasheizung wieder in Betrieb zu setzen. 1990 liess die Stadt eine «Solarheizung» einrichten, wobei die Gasheizung – zum Entsetzen der Genossenschaft – kurzerhand abgerissen wurde. Die «Solarheizung» funktioniert wie folgt: Das Wasser wird via Schleuche auf das Dach der Schwimmadanlage gepumpt, wo es durch die Sonne erwärmt wird und dann wieder ins Becken zurückfliesst. Dadurch kann die Temperatur etwas angehoben werden – aber die Leistung war kein Vergleich zur Gasheizung.

Parkplatzprobleme und schwimmende Unterhosen

Ab den 1990er-Jahren wurden die Schwimmbadparkplätze vermehrt von Fahrenden belegt. Es kam zu Konflikten mit Anwohnenden, insbesondere wegen Lärm und der mangelnden Sauberkeit. Auch die Badegäste beschwerten sich und manchmal kam es auch zu Auseinandersetzungen mit dem Schwimmbadpersonal.Die Stadt trennte daraufhin die Standplätze von ausländischen und inländischen Fahrenden. Der Standort Töss diente als provisorischer Durchgangsplatz für ausländische Gruppen – und wurde 2011 zugunsten des Durchgangplatzes Riet aufgehoben.

Auch in den 2000er-Jahren hielten einige Gäste die Mitarbeitenden ordentlich auf Trab. Es kam vermehrt zu Diebstählen und auch Streitereien unter übermütigen Jugendlichen. Ebenso schlichen sich einige Schwitzwillige in die Sauna ohne zu bezahlen. Um 2008 breitete sich zudem eine seltsame «Unterhosenmode» unter jungen Männern aus. Sie begannen Unterhosen unter ihren Badeshorts zu tragen. In manchen Bädern wurden deshalb sogar Unterhosenkontrollen durchgeführt – nicht so aber in Töss. Der Trend verschwand so schnell, wie er aufgekommen ist.

Flinke Frösche und glückliche Hunde

Wie jedes Freibad versucht auch Töss mit einem attraktiven Rahmenprogramm die Besucherzahlen anzukurbeln. Zu den Hauptattraktionen zählt alljährlich der «schnellst Tössemer Frosch» für Kinder der ersten bis neuen Klasse. Mit dem «Eulach-Meeting» konnten zwischen 1972 und 1986 sogar ein internationaler Sportanlass stattfinden und 2024 durften zum Saisonabschluss erstmals Hunde vergnüglich in den Becken planschen.


Benutzte Quellen und weiterführende Literatur

Archivalien
Stadtarchiv Winterthur: Baudossier Schwimmbad Töss Winterthur (Signatur A51/131)

Bibliografie

    Schwimmbad Auwiesen, Töss

    • Einträge ab 2011

      Müller, Henry: 50 Jahre Schwimmbad-Genossenschaft Töss. In: De Tössemer, Nr. 2, Jg. 57 (2014). S. 12-13. m.Abb.
      Müller, Henry: 50 Jahre Schwimmbad Auwiesen. In: De Tössmer, Nr. 2 (2021). S. 14-15. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Geschichte: Tössemer 1995/2 m.Abb.
      25 Jahre: Landbote 1995/159.
      Garderobenzone. Sanierung: Landbote 1997/162 1Abb.
      30 Jahre: Landbote 2000/156.
      Sanierung, Chromstahlbecken: Tössemer 2003/1 + Geschichte 75 Jahre Schwimmbad, m.Abb. - Landbote 2003/63. - NZZ 2003/64.
      40 Jahre: Landbote 2010/137 1Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
14.04.2025