Burgen, Schlösser und Stadtbefestigung

Steigtor

Das Steigtor war eines der wichtigsten Stadttore von Winterthur. Es entstand im 12. Jahrhundert und befand sich auf der Südseite der Stadt. Von dort gelangte man über den Heiligberg zum Eschenberg und über Brütten bis nach Zürich. Bis zum Bau des Königtors um 1292 war es die Hauptzugangsstelle für alle, die von Zürich nach Winterthur kamen. Auf Beschluss der Gemeindeversammlung wurde es 1837 abgerissen.


Baujahr
12. Jahrhundert

Abbruch
1837


Das Steigtor gegen Norden, 1867.
Foto: winbib, Jakob Ziegler-Sulzberger (Signatur 026184_O)

Das Haupttor in Richtung Zürich

Das Steigtor wurde im 12. Jahrhundert zusammen mit den ersten vier Toren gebaut. Die ursprüngliche Befestigungsanlage umfasste damals den Raum zwischen Neumarkt, Technikumstrasse, Unterem Graben und Stadthausstrasse. Neben dem Unteren Bogen, dem Oberen Bogen und dem Schmidtor gehörte das Steigtor zu den wichtigsten Stadttoren von Winterthur. Es befand sich an der Südseite der Stadt und war bis zum Bau des Königtors um 1292 die Haupteintrittspforte für Handelsleute aus Zürich. Die Hauptstrasse von Zürich nach Winterthur verlief damals über Brütten vorbei am Vogelsang und über die Breite. Dort zweigte sie nach Norden ab und führte die «Steig» (heute: Turmhaldenstrasse) hinunter vorbei an der Steigmühle zum Steigtor. Nachdem 1292 das Königtor und Mitte des 14. Jahrhunderts die Zürcherstrasse gebaut worden waren, verlor das Steigtor seinen ursprünglichen Zweck. Es diente fortan nicht mehr dem Fernverkehr, sondern war nur noch die Verbindung für den Lokalverkehr zu den an der Eulach liegenden Gütern, zum Heiligberg und Eschenberg

Ein stattliches Tor

Das Steigtor sah zu Beginn entsprechend seiner ursprünglichen Bedeutung als Haupttor recht stattlich aus. Die Darstellung auf Merians «Topographia Helvetiae» von 1642 zeigt einen grossen rechteckigen Torturm mit einer breiten Durchfahrt, die für den Wagenverkehr mit Fuhrwerken ausgelegt war. Das Tor hatte einen nach aussen leicht hervorspringenden hölzernen Oberbau, der mit vier farbigen Wappenschildern geschmückt war. Rechts unten am Tor, neben dem Durchgang, war ein kleines Zollhäuschen angebaut. Das Dach hatte eine vierseitige Pyramide. 1795 wurde das Steigtor ein letztes Mal umgebaut. Der hölzerne Aufbau und das spitze Dach wurden durch ein Walmdach ersetzt. Das Steigtor erhob sich danach nur noch unmerklich über die Höhe der Häuserreihen.

Abbruch des Steigtors

Im Zuge der Gleichstellung von Stadt und Land – eine Folge der Französischen Revolution und der napoleonischen Besetzung – begannen in Winterthur fortschrittliche, liberale Kräfte, die Modernisierung der Stadt voranzutreiben und Handelsschranken abzubauen. Sie wollten sich nicht mehr durch die mittelalterliche Stadtbefestigung einschränken lassen. Tore und Türme stellten für sie ein kostspieliges Hindernis für Handel und den Verkehr dar. Unter ihrem Einfluss beschloss die Gemeindeversammlung am 19. Mai 1935 die noch vorhandenen Gräben aufzuheben und das Schmidtor, das Steigtor, das Holdertor das Nägelitor und den Judasturm abzubrechen. Mit dem Abbruch sollte nicht nur die Verbindung zwischen Stadt und Land vereinfacht, sondern auch der Bau neuer Promenaden, Strassen und Trottoirs rund um die Stadt ermöglicht werden. Das Steigtor war das erste Tor, das 1937 abgerissen wurde. Während die im Schatten des Koloss wohnenden Personen den Abriss begrüssten, waren andere dagegen und bedauerten ihn. Ungefähr zur gleichen Zeit wurde auch der Stadtgraben vor dem Steigtor aufgefüllt, und es entstand an seiner Stelle die Technikumsstrasse. Neu konnten die Häuser, die bis zu diesem Zeitpunkt nur vom Innern der Stadt zugänglich waren, auch Ausgänge nach Süden zur neuen Strasse hin erstellen.


Benutzte und weiterführende Literatur

Dejung, Emanuel; Zürcher Richard, Hans Hoffmann: Die Stadt Winterthur und die Stadt Zürich. Kunstgeschichtliche Zusammenfassung. Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Band 6, Basel,1952.
Isler, A.: Die Festung Winterthur und ihre Schleifung. 254. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Winterthur, 1920.
Moos von, Paul: Mein Winterthur: heimatkundliches Lesebüchlein. Winterthur, 1950.
Sulzer, Peter: Tore, Türme, Bögen im alten Winterthur. Verschwundene Zeugen der Vergangenheit. Mit einer Einleitung und Bildlegenden von Peter Sulzer. Gemsberg, Winterthur, 1985.

Bibliografie


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
09.10.2024