Politik
Heiri Vogt
Stellwerkbeamter, Stadtrat (SP), 1941–2021
Heiri Vogt war von 1986 bis 2002 Winterthurer Stadtrat (SP) Während seiner gesamten Amtszeit führte er das Baudepartement. Der ehemalige Stellwerkbeamte galt als volksnah, umgänglich und bodenständig, was ihm parteiübergreifend viele Sympathien einbrachte.
Geburtsort
Rikon
Geboren
21.09.1941
Gestorben
02.01.2021
Heiri Vogt war ein umtriebiger und kommunikativer Stadtrat, der über die Parteigrenzen hinaus viele Sympathien genoss, hier bei der Arbeit 1993.
Foto: winbib, Barbara Truninger (Signatur FotLb_004291)
Heiri (Heinrich) Vogt wurde am 21. September 1941 in Rikon geboren. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen als Sohn eines Textilfabrikarbeiters auf. Im Alter von 16 Jahren schickte ihn sein Vater nach Winterthur zum Beck Heller. Das erste Jahr arbeitete Vogt dort als Ausläufer, danach konnte er die Bäckerlehre absolvieren. Nach kurzer Berufstätigkeit als Bäcker wechselte Vogt 1962 zu den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und wurde zuerst Rangierarbeiter, dann Weichenwärter, bis er 1971 zum Stellwerkbeamten befördert wurde. Als solcher arbeitete er bis zu seiner Wahl in den Stadtrat im Jahr 1986.
Im Alter von 23 Jahren trat Vogt der Eisenbahngewerkschaft und der SP bei. 1978 folgte die Wahl in den Grossen Gemeinderat. Der ehemalige «Büezer» galt als volksnah und kontaktfreudig sowie bodenständig. Er gehörte zu einer damals schon kleiner werdenden Zahl von Parlamentariern, die konsequent immer schweizerdeutsch gesprochen haben. In seiner Freizeit spielte er gerne Fussball, was 1979 auch dem FC Gemeinderat zugute kam, bei dem er sich als Trainer zur Verfügung stellte. 1984–1986 war er Präsident der SP-Fraktion.
Bei den Stadtrat-Gesamterneuerungswahlen von 1986 gelang der SP und ihm die Sensation, als er sich in einer Kampfwahl um den freiwerdenden Sitz des zurückgetretenen FDP-Stadtrates Peter Arbenz durchsetzte und so erstmals seit 20 Jahren wieder einen dritten Sitz für die Partei erobern konnte.
Der ehemalige «Büezer» übernahm das Baudepartement. Dabei wurde er vom amtierenden Stadtpräsidenten Urs Widmer (FDP) eingeführt. Heiri Vogt erwies sich als dankbarer Lehrling und bezeichnete sich selbst als «der am höchsten bezahlte Stift der Stadt.». Zwischen Urs Widmer und ihm entwickelte sich eine enge Freundschaft. Als Widmer aus dem Stadtrat zurücktrat, lud er Heiri Vogt und dessen Ehefrau zu einer gemeinsamen USA-Reise ein. Als Nachfolger von Urs Widmer kandidierte Martin Haas (FDP). Als dieser das absolute Mehr im ersten Wahlgang nicht erreichte, überlegte sich die SP eine Gegenkandidatur mit Heiri Vogt. Doch dieser lehnte ab. Auch zwischen Martin Haas und ihm entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis.
Die drei prägendsten Ereignisse in der Amtszeit von Heiri Vogt waren die Verwirklichung der autofreien Altstadt, die Planung zur Umnutzung des Sulzerareals in der Stadtmitte und in Neuhegi sowie der Bau der 1998 eingeweihten Storchenbrücke. Weitere grosse Neubauprojekte waren die Alterszentren Neumarkt und Brühlgut, sowie das Schulhaus Oberseen. 2002 gab Heiri Vogt nach 16 Jahren im Amt altershalber seinen Rücktritt bekannt. Ebenso stellten sich Martin Haas und Leo Iten nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. Die drei abtretenden Stadträte wurden mit einer grossen Feier im Stadthaus offiziell verabschiedet.
Nach seinem Rücktritt widmete sich Heiri Vogt wieder vermehrt seiner Leidenschaft – dem Sport – und seiner Familie samt Enkelkindern. Ebenfalls traf er sich regelmässig mit den Alt-Stadträten Martin Haas, Leo Iten (SVP) und Albert Eggli (SP) zu Jassabenden – eine Tradition, die sie schon während ihrer Amtszeit etabliert hatten. Oft war er mit dem Rennvelo unterwegs. Schon bald aber nahmen seine Kräfte ab. Als seine Frau erkrankte, pflegte er sie bis zu ihrem Tod im Jahr 2019. Der Verlust bedeutete einen tiefen Einschnitt in seinem Leben. Am 2. Januar 2021 verstarb Heiri Vogt im Alter von 80 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit.
Benutzte und weiterführende Literatur
Kirchheim, Eva: Nachruf Heiri Vogt, in: Winterhturer Jahrbuch 2021/22, Winterthur 2021, S. 185–186.
Gmür, Martin: Volksnah, verständlich – und ein Schlitzohr, in: Landbote, 13.01.2021.
Elisabetta Antonelli: Nachruf, Heiri Vogt ist tot, in: Landbote, 08.01.2021.
e.m.: Nicht nur beim Jassen Qualitäten bewiesen, in: Neue Zürcher Zeitung, 18.05.2002.
Schaufelberger, Hans: Die Stadt Winterthur im 20. Jahrhundert. Eine Chronik mit begleitenden Texten. Neue helvetische Gesellschaft, Winterthur, 1991. S. 278–279.
- Autor/In:
- Nadia Pettannice
- Letzte
- Bearbeitung:
- 25.11.2022