Schulbauten und Kindergärten

Schulhaus Laubegg

Hündlerstrasse 14

Die Stadt Winterthur plante seit den 1970er-Jahren ein Schulhaus im Dättnau. Dieses wurde aufgrund der wachsenden Bautätigkeit und der steigenden Bevölkerung ab den 1990er-Jahren zunehmend notwendig. Nach einem Wettbewerb im Jahr 1996 gewann das Architekturbüro R. Meier, M. Schneider und D. Gmür den Auftrag für den Neubau, der 2002 eröffnet wurde. Politisch sorgten vor allem die Kosten und die Kürzung von zwei Millionen Franken durch das Startparlament für Diskussionen. Das Schulhaus musste unmittelbar nach der Eröffnung mehrfach erweitert werden. Für das Jahr 2030 ist ein Erweiterungsneubau geplant.


Baujahr
2002


Adresse
Schulhaus Laubegg
Hündlerstrasse 14
8406 Winterthur

Dättnauer Kinder fordern 1999 beim Stadtrat ein eigenes Schulhaus im Quartier. Sie übergeben ihre Forderungen der Schulvorsteherin Aurelia Favre (SP).
Foto: winbib, Heinz Diener (Signatur FotLb_003841)

Ein Schulhaus fürs Dättnau

Die Stadt Winterthur reservierte sich bereits in den 1970er-Jahren im Dättnau in der Nähe des ehemaligen Schützenhauses ein Areal für ein Quartierschulhaus und einen Kindergarten. Der Bevölkerungszuwachs im Dättnau entwickelte sich damals jedoch langsamer als erwartet. Aus finanziellen Gründen wartete die Stadt deshalb mit dem Bau des Schulhauses zu. Um 1987 setzte im Dättnau eine rasante Bautätigkeit ein, und es entstanden viele Eigentumshäuser und -wohnungen. Das Quartier zog vor allem mittelständische Familien an, wodurch das Thema Schulhaus wieder an Bedeutung gewann. Die Kreisschulpflege Töss zeigte sich anfangs zurückhaltend gegenüber einem Schulhaus im Dättnau. Sie befürchtete, dass der Anteil von fremdsprachigen Kindern in den Schulhäusern Rebwiesen und Eichliacker auf 60 bis 80 Prozent steigen könnte. Schon bald war die Notwendigkeit eines Schulhauses aber unbestritten.

Der Kindergarten Steig reichte als Erstes nicht mehr aus, um alle Kinder aus dem Dättnau aufzunehmen. Daher baute die Stadt 1994 einen Doppelkindergarten an der Hündlerstrasse. Im Rahmen der Schulraumplanung 1994 rechneten die Behörden bei einem Vollausbau des Dättnaus mit 3'500 Einwohner:innen. Dabei stellte sich heraus, dass das Schulhaus nicht nur auf die Bedürfnisse der Kinder Rücksicht nehmen sollte, sondern auch Betätigungsmöglichkeiten für die Menschen aus dem Quartier bieten sollte. Mit Ausnahme einer Freizeitanlage verfügte das Dättnau in den 1990er-Jahren über keinerlei öffentliche Infrastruktur wie beispielsweise einen Laden, eine Post, ein Café oder eine Turnhalle. Bereits bei der Planung war klar, dass die bestehenden Strukturen nicht ausreichen würden, bis das neue Schulhaus fertiggestellt ist. Deshalb beantragte der Stadtrat 1997 einen Kredit von 360'000 Franken für den Bau eines Zweiklassenpavillons beim Schulhaus Gutenberg

Grosser öffentlicher Wettbewerb mit 65 eingereichten Projekten

1996 startete die Stadt einen öffentlichen Projektwettbewerb für den Neubau eines Primarschulhauses im Dättnau. Damit reagierte sie auf die wachsende Kritik aus der Winterthurer Architekturszene. Diese störte sich an den meist begrenzten Wettbewerben und argumentierte, dass auch jüngere Architekt:innen eine Chance erhalten sollten, eine grössere öffentliche Baute zu planen. Das Schulhaus Dättnau galt als «klare, einfache und unkomplizierte Projektierungsaufgabe». Entsprechend hoch war die Beteiligung am öffentlichen Wettbewerb: 65 Projekte wurden eingegeben. In einem ersten Durchgang sortierten die Fachpersonen einen grossen Teil der Projekte bereits auf Basis von harten Kriterien wie der Gebäudelänge und den Grenzabständen aus. Danach strichen sie Projekte, die konzeptionelle, architektonische, gestalterische oder betriebliche Mängel aufwiesen. Nach der dritten Selektionsrunde blieben noch zehn Projekte in der engeren Auswahl. Das Projekt «Katz und Maus» des Winterthurer Architekturbüros R. Meier, M. Schneider und D. Gmür setzte sich durch.

Kleingespart

Noch 1996 rechnete die Stadt mit einem notwendigen Baukredit von etwa 9,5 Millionen Franken für das Schulhaus. Diese Kostenschätzung war jedoch deutlich zu tief angesetzt. Weil zusätzliches Bauland in das Verwaltungsvermögen übertragen werden musste und aus anderen baulichen Gründen stieg der erforderliche Baukredit auf 17,4 Millionen Franken, was fast einer Verdoppelung der ursprünglichen Kostenschätzung entsprach. Das Projekt hatte deshalb im Grossen Gemeinderat einen schweren Stand. 1999 bewilligte die bürgerliche Mehrheit lediglich 15,4 Millionen Franken und forderte eine Realisierung in Elementbauweise. Diese empfindliche Kürzung sorgte für scharfe Kritik von der Winterthurer Sektion des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). Sie warnte vor einer geringeren Bauqualität und höheren Unterhaltskosten.

Während alle Schulhausneubauten und Erweiterungen in den 1990er-Jahren (namentlich Wiesenstrasse, Veltheim, Hohfurri, Oberseen und Wülflingen) aufgrund der angespannten Finanzlage der Stadt im Grossen Gemeinderat umstritten waren, sprach sich das Stimmvolk immer sehr deutlich für die Realisierung aus. Im Falle des Schulhauses Dättnaus betrug der Ja-Anteil 79 %.

Fünf mal fünf Meter abgeknapst

 Im Jahr 2001 war es endlich so weit: Die ersten Bagger konnten auffahren. Bei strömendem Regen legten die Stadträte Heiri Vogt (SP) und Hans Hollenstein (CVP) den Grundstein für die neue Anlage. Lange war unklar, wie die zwei Millionen Franken effektiv eingespart werden können. Die vom Grossen Gemeinderat geforderte Elementarbauweise erwies sich als ungeeignet, da sie sogar grössere Kosten verursacht hätte. Stattdessen mussten empfindliche Abstriche im Ausbaustandard vorgenommen werden. So ersetzten die Architekt:innen beispielsweise die vorgesehenen Stoffstoren und Vorhänge durch Lamellen und verkleideten die Klassenzimmer mit einfachen Holzwolleplatten statt Akustikdecken. Auch bei der Betonqualität und der Dicke der Eternitplatten an der Aussenfassade wurde gespart. Diese Massnahmen reichten jedoch nicht aus. Die zuständigen Stadträt:innen Aurelia Favre (SP) und Heiri Vogt (SP) genehmigten deshalb eine Verkürzung der Turnhalle und des Klassenzimmertrakts um je fünf Meter, ohne den Gesamtstadtrat zu informieren, was später für heftige Kritik sorgte. Auch das Parlament erhielt für seine Sparübung von der Presse keine guten Noten.

Architektur

 Das Schulhaus Laubegg steht in erhöhter Lage am Quartiereingang Dättnau. Es besteht aus drei Baukörpern, die durch einen gemeinsamen Sockel verbunden sind und um den Pausenplatz gruppiert sind. Der Turnhallentrakt wird auch von der Quartierbevölkerung rege für Sportaktivitäten genutzt.

Das neue Schulhaus konnte den Platzbedarf mit seinen sieben Klassenzimmern nicht decken. Deshalb reichte die Kreisschulpflege Töss noch vor dem offiziellen Bezug des Schulhauses Laubegg einen Antrag auf Erweiterung ein. 2005 liess die Stadt das Schulgebäude verlängern, wodurch drei weitere Klassenräume eingebaut werden konnten. 2012 errichtete die Stadt provisorische Container. Dennoch mussten der Singsaal und der Hort temporär ebenfalls als Klassenzimmer dienen, weil der Platz immer noch nicht ausreichte. 2016 beauftragte die Stadt das Architekturbüro Schneider Gmür mit einer Machbarkeitsstudie für eine Erweiterung. Diese realisierten 2019 drei neue Anbauten auf der Rückseite des Schulhauses, wodurch die Kapazität auf 380 Kinder erhöht werden konnte. Das entspricht 14,5 Primarschul- und fünf Kindergartenklassen, die von 77 Mitarbeitenden betreut werden.

Kunst am Bau

14 Tonnen blaue Glasscherben liegen auf dem 90 Quadratmeter grossen, nicht begehbaren Flachdach der Pausenhalle. Je nach Wetter und Sonneneinstrahlung funkeln die Glasscherben in unterschiedlichem Licht. Das Kunstwerk stammt vom Zürcher Künstler Reto Boller. Die Inspiration für die blauen Scherben fand Reto Boller nach eigenen Angaben in Prosecco-Flaschen. Die Farbe faszinierte ihn, weil sie im Gegensatz zu grünen Farbscherben weniger direkt mit Altglas in Verbindung gebracht wird. Bei den Scherben handelt es sich um Abfallprodukte einer Glashütte in Norddeutschland, die Boller für sein Werk ankaufte.

Projekt «Cosimo»

Die Bautätigkeit ebbte im Dättnau nicht ab. Hinzu kam, dass viele ältere Hauseigentümer:innen ihre zu gross gewordenen Häuser an Familien verkauften. 2015 brannte zudem die alte Ziegelei im Dättnau vollständig ab, und dort entstand eine neue Wohnüberbauung. Die Schulraumplanung 2021/2022 geht von einem langfristigen Bedarf von 17 Primarklassen aus. Die Stadt schrieb deshalb 2024 einen offenen Projektwettbewerb für einen Erweiterungsneubau mit Turnhalle aus, denn in der Regel komm eine Turnhalle auf zehn Schulklassen. Mit der erneuten Erweiterung sollen die Kapazitäten langfristig gedeckt werden. Die Schwerpunkte der Ausschreibung lagen auf Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Unter 37 Einsendungen ging das «Cosimo» der BDE Architekten mit Sitz in Winterthur als Sieger hervor. Es sieht einen dreigeschossigen Neubau an der Hündlerstrasse vor. Der Baukörper versteht sich als autonom funktionierender Baustein und dient als visuelles Bindeglied zwischen der dreistöckigen Wohnüberbauung am Ziegeleiplatz und dem zweistöckigen alten Schulkomplex. Bemerkenswert ist die Positionierung der Turnhalle im zweiten Obergeschoss. Dadurch können kostenintensive Aushubarbeiten vermieden werden. Diese Lösung stellt jedoch hohe Anforderungen an die Schallabdichtung zu den darunterliegenden Klassenzimmern. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf 16,1 Millionen Franken. Der Baustart ist für das Jahr 2027 geplant. 2030 soll der Neubau in Betrieb genommen werden.


Benutzte und weiterführende Literatur

Archivalien
Stadtarchiv Winterthur: Schulhaus Laubegg, Dättnau, Wettbewerb: Protokollauszüge. (Signatur A 40/281.1)
Stadtarchiv Winterthur: Schulhaus Laubegg, Dättnau, Wettbewerb: Raumprogramm, Wettbewerbsprogramm,
Fragenbeantwortung, Korrespondenz, diverse Akten (Signatur A 40/281.2)

Literatur
Saloma, Annette: Dättnau soll eine Turnhalle auf dem Dach erhalten, in: Der Landbote, 25.06.2024.
Graf, Michael: Drei Rucksäcke fürs Schulhaus Laubegg, in: Der Landbote, 14.09.2019.
Fonti, Mirjam: Das Dättnauer Schulhaus Laubegg erhält einen Anbau, in: Der Landbote, 28.05.2016.
Plüss, Mirko: Neue alte Ängste im Dättnau, in: Der Landbote, 09.05.2014.
Graf, Michael: Es wird eng an Dättnaus Schule, in: Der Landbote, 28.07.2012.
Keller, Roger. Kaum gebaut und schon zu klein, in: Tages-Anzeiger, 05.07.2002.
Keller, Roger: Spitz kalkulierter Neubau, in: Tages-Anzeiger, 14.07.2001.
Walter, Niels: Klares Ja zum neuen Schulhaus, in: Tages-Anzeiger, 13.03.2000.
Gmür, Martin: Dättnau hat genug gewartet, in: Tages-Anzeiger, 26.02.2000.
Tommer, Benjamin: Nur der Preis steht fest, in: Tages-Anzeiger, 09.02.2000.
Gmür, Martin: Schulhausbau zwei Mlilionen abgespeckt, in: Tages-Anzeiger, 27.11.1999.
Gmür, Martin: Gespart und gestolpert, in: Tages-Anzeiger, 25.09.1999.
Keller, Roger: Fachleute warnen, in: Tages-Anzeiger, 24.09.1999.
Keller, Roger: 17 Millionen für neues Schulhaus, in: Tages-Anzeiger, 27.05.1999.

Bibliografie

    Schulhaus Laubegg, Dättnau

    • Einträge ab 2011

      Berichte Projektwettbewerb, 1996-1997, in: Doku Landbote 10/6.
      Erzinger, Matthias: So wird das neue Schulhaus im Laubegg. In: De Tössemer, September, 2024. S. 7. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Geplant: Landbote 1995/254.
      Verschiebung ? Landbote 1996/285.
      Architektur-Wettbewerb: Landbote 1996/289 m.Abb., 1997/198 1Abb., 209.
      Eilt: Landbote 1997/282. - Weinländer Zeitung 1997/142 1Abb. - Euses Blättli 1998/44 m.Abb., 1999/48 1Abb. - Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 1999/39 m.Plänen.
      Aus Holz: Landbote 1999/195, 208, 212, 213. - Tages-Anzeiger 1999/212, 213 1Abb. - NZZ 1999/213 S.51.
      Architekten gegen Elementbau: Landbote 1999/219, 221.
      Muss billiger sein: Tages-Anzeiger 1999/277.
      Abstimmung; Annahme: Landbote 2000/33, 61 m.Abb. - NZZ 2000/33 S. 45. - Transparent 2000/12.3. m.Abb. - Tages-Anzeiger 2000/61. - Weinländer Zeitung 2000/61.
      Bau: Landbote 2001/161 1Abb., 2002/152 Erweiterung, 1Abb., 188 von Ulrich Scheibler, 1Abb., 190 1. Schultag 1Abb. - Euses Blättli 2001/58 m.Abb., 62. - Hochparterre 2003/8 m.Abb. - Schw. Baublatt 2003/86 m.Abb. - Winterthurer Jahrbuch 2003 1Abb.
      Umplatzierungen: Stadtanzeiger 2003/21 1Abb.
      Erweiterung: Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 2004/70 m.Plänen. - Landbote 2004/59, 192, 250.
      Elternrat, Länderfest: Landbote 2005/153 1Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
27.12.2024