Die katholische Gemeinschaft in Winterthur zählt in Winterthur rund 26‘000 Mitglieder. Sie ist in acht Pfarreien, sieben Territorial-Pfarreien und einer italienischsprachigen Personal-Pfarrei, organisiert.
Winterthur war seit der Reformation durch Huldreich Zwingli (1484-1531) eine protestantische Landstadt. Prozessionen, Wallfahrten und andere katholische Gepflogenheiten gehörten der Vergangenheit an. 1524 fand die letzte katholische Messe statt. Anfang des 19. Jhdt. wurden wieder Versuche unternommen, den Winterthurer Katholiken einen Neustart zu ermöglichen. Man bat darum, die ehemalige Siechenkapelle St. Georgen für katholische Gottesdienste zur Verfügung zu stellen. Der regelmässige Gang in die nächstgelegene katholische Kirche in Gachnang sei allzu beschwerlich. Das Gesuch wurde am 25. November 1813 vom kantonalen Kleinen Rat abgelehnt. Es bestehe kein dringend notwendiges Bedürfnis.
1840 folgte ein weiterer Anlauf. Wieder bemühte man sich um die Kapelle St. Georgen. Aber wieder wurde das Ansinnen zurückgewiesen. Ein Komitee unter Moritz Blickle (1837-1902), dessen aus Deutschland stammenden Eltern sich 1837 als erste Katholiken einbürgern liessen, richtete am 27. März 1860 eine erneute Petition an den Stadtrat. Es seien nun bereits 500 Katholiken in Winterthur ansässig und auch eine finanzielle Grundlage sei gesichert, um wieder katholische Gottesdienste in Winterthur durchzuführen. Der Stadtrat zeigte sich positiv, der Entscheid müsse aber in Zürich fallen.
Nach einigem Hin und Her, wobei auch noch der Rheinauer Klosterstreit eine Rolle gespielt hatte, konnte am Laurentiustag 1862, 10. August, im Betsaal der alten Kanzlei an der Marktgasse nach einem Unterbruch von fast 350 Jahren wieder ein katholischer Gottesdienst durchgeführt werden. Die Predigt hielt der Generalvikar von Chur, Pater Theodosius. Als erster Seelsorger amtete Franz Xaver Portmann. Er wurde 1866 durch Joseph Dominik Schnüriger abgelöst. Um diese Pfarrherren gab es einige Dispute und erst nach der Berufung und Einsetzung am 31. Dezember 1871 von Severin Pfister (1829-1909), der das Amt des Stadtpfarrers bis 1901 ausübte, kam die Kirchgemeinde zur Ruhe und zum Aufschwung.
Am 13. Dezember 1863 fanden sich 66 Winterthurer Katholiken zu einer konstituierenden Versammlung der katholischen Kirchgemeinde Winterthur zusammen. Endlich hatte man wieder eine Organisation und eine Stimme. Die neu gewählte Kirchenpflege musste sich in erster Linie um einen Kirchenbau kümmern. Der Stadtrat hatte bereits zuvor ein Landstück im Neuwiesen-Quartier in Aussicht gestellt. Die Erwartungen für diesen Kirchenbau waren gross. Auch Stadtpräsident Johann Jakob Sulzer (1821-1897) wollte Weichen stellen, in dem er seinem Freund Gottfried Semper (Architekt des Stadthauses) um Vorschläge bat. Seinem Entwurf für einen monumentalen italienischen Zentralbau mit Kuppel und seitlichem Glockenturm stand das Projekt des Stadtbaumeisters Wilhelm Bareiss (1819-1885) entgegen.
Vor allem auch Kostengründe wurde das Projekt von Barreiss favorisierte. Für diese Kirchenbaute sprach die traditionelle historische Formensprache im Neugotischen Stil, die richtigen Verhältnisse der Dimension, genügend Raum für 500 Sitz- und Stehplätze und eine zweckmässige Einteilung im Innern. Bereits am 5. Juli 1868, nach knapp dreijähriger Bauzeit konnte die erste katholische Kirche der Neuzeit unter dem Namen „St. Peter und Paul“ eröffnet werden. Für die Innenausstattung fehlten aber die finanziellen Mittel. Es dauerte noch zwei Jahrzehnte bis auch der Innenausbau den Wünschen der Verantwortlichen entsprach. Dank dem immensen Einsatz von Dekan Severin Pfister, auch mit eigenen Mitteln, gelang es einen ausgesprochenen reichen Innenausbau zu erhalten.
Mit der wachsenden Einwohnerzahl von Winterthur nahmen auch die Angehörigen zur Katholischen Kirche zu. Früher waren es Zuwanderer aus den katholischen Kantonen und dem Süddeutschen Raum und aus Österreich, die durch die Industrialisierung nach Winterthur zogen und so die katholische Gemeinde bildeten. Einen starken Zuwachs von Katholiken bildeten nach dem zweiten Weltkrieg die Einwanderer aus dem südlichen Europa und etwas später aus Ungarn und der Tschechoslowakei. So wuchs der Anteil der Katholiken seit der Gründung 1862 von 5 Prozent der Stadtbevölkerung auf 25 Prozent an. Die Entwicklung führte dazu, dass auch die Zahl der Pfarrherren und auch der Gotteshäuser stetig angepasst werden musste. 1937 waren der Pfarrkirche St. Peter und Paul fünf Geistliche zugeordnet. Zwei weitere betreuten die Kirche Herz Jesu im Mattenbach-Quartier. Sie war 1934 in Betrieb genommen. Zuvor war die Kirche St. Josef Töss 1913/14 erbaut worden. 1935 folgte das Gotteshaus St. Maria Oberwinterthur. Die Finanzen zu diesen Erweiterungen in den baulichen und personellen Bereichen zu beschaffen, war nicht einfach gewesen Viele Sitzungen und Subventionsgesuche aller Art wurden durchgeführt. Schliesslich waren es aber vor allem Sammelaktionen in der Zentralschweiz und die Unterstützung der bischöflichen Dispora-Organisationen die die Finanzierung möglich machten.
Angetrieben von den Geistlichen festigte sich die katholische Gesellschaft in Winterthur. So steht in der Festschrift zum 150 Jahre Jubiläum geschrieben, dass nach der Jahrhundertwende die katholische Sondergesellschaft von Winterthur Form annahm. Dazu gehörten die Zugehörigkeit zu katholischen Vereinen, eine christliche Lebenshaltung und Opferbereitschaft, regelmässigen Gottesdienstbesuch und vor allem den Empfang des Altarsakramentes. Auch den Kindern wollte man besondere Aufmerksamkeit schenken. So stand bald in der Schule der überkonfessionelle Bibel- und Sittenunterricht in der Kritik. Pfarrer Mächlers Amtszeit von 1929 bis 1955 war geprägt von einem ständigen Kampf um den Anspruch auf einen eigenen konfessionellen Unterricht.
Nicht akzeptiert wurde auch, dass die Schulbehörden angeblich keine katholischen Lehrpersonen anstellen. Eine Auseinandersetzung löste auch der Bau der Schwimmbades Wolfensberg aus. Die gemeinsame Nutzung der Badanlage von Mädchen und Knaben sei eine Herausforderung der Kirche und eine Untergrabung der natürlichen Autorität der Eltern. Auch auf anderen Ebenen wurde immer wieder versucht einen Trennungsstrich zu ziehen, was der konfessionellen Spaltung immer wieder Nahrung gab. Dass ab 1935 eigene nach Knaben und Mädchen getrennte Ferienlager organisiert wurden, zog automatisch nach, dass Subventionszahlungen vom Stadtrat abgelehnt wurden.
Ausserhalb der streng Gläubigen beider Konfessionen wurde diese Zwietracht aber kaum wahrgenommen. Zu Tage traten diese Unterschiede jedoch beim Entstehen von Mischehen. Eifrige katholische Geistliche sahen darin die grosse Gefahr, einen der ihren zu verlieren. Aus heutiger Sicht wohl unverständlich waren die Diskussionen, ob bei Kirchweihen auch protestantische Kinder beim Glockenaufzug mithelfen durften! Die römisch-katholische Kirchgemeinde Winterthur ist auch nach 150 Jahren seit ihrer Gründung eine lebendige Gemeinschaft mit sieben Kirchen und acht Pfarreien. Sie ist integriert in die ganze Stadtgemeinschaft und auch als solche akzeptiert. Ihre Probleme liegen da, wo auch andere Kirchen zu kämpfen haben. Einerseits ist es die Passivität der Kirchenmitglieder und anderseits der Mitgliederschwund der zu denken gibt. Trotz diesem Druck gelingt es aber beiden grossen Religionsgemeinschaften nicht andere, neue, modernere Wege zu finden, um aktive Gläubige zu erhalten und zu gewinnen. Das machen Ihnen die freien Kirchen vor!
Projekt: Winterthurer Arbeiterzeitung 1992/251, 253